Missbrauch-Vertuscher bleiben anonym

Bischof von Osnabrück will Namen der Betroffenen nicht nennen

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein Aufreger war es nicht nur für Katholikinnen und Katholiken im niedersächsischen Bistum Hildesheim, als ihr neuer Oberhirte, Bischof Heiner Wilmer, im Oktober mit einer sonst von der Kirche Roms nicht gekannten Offenheit überraschte. Angesichts zahlreicher zurückliegender Missbrauchstaten in seinem Amtsbereich zeigte sich der Jesuitenpater entsetzt darüber, dass einer seiner verstorbenen Vorgänger solche Vergehen bewusst vertuscht hatte. Der von 1983 bis 2004 in Hildesheim residierende Bischof Josef Homeyer und seine Bistumsleitung haben »nicht nur versagt, sondern sie haben fürchterliche Dinge zugedeckt«, so Wilmer wörtlich.

Sind auch im Bistum Osnabrück bewusst »fürchterliche Dinge« zugedeckt worden? Und wenn ja, von wem? Auch jene katholische Kirchenregion gehört, wie der kirchliche Amtsbereich Hildesheim, zu Niedersachsen, umfasst einen kleineren Teil des zweitgrößten Bundeslandes in dessen Westen. Und auch dort kämpft die Kirche um ihr Image, das durch Missbrauchsfälle arg angekratzt ist. Eine Studie der Deutschen Bischofskonferenz belegt: Von 1945 bis 2015 sind im Bistum Osnabrück 68 Fälle sexueller Übergriffe durch Kirchenleute ermittelt worden; insgesamt 35 Geistliche seien dieser Taten beschuldigt worden.

Aktuell belastet das Bistum der Missbrauchskandal um einen inzwischen 85-jährigen Priester. Drei Männer hatten ihm vorgeworfen, sich an ihnen als Kinder und Jugendliche in den 1980er und 1990er Jahren sexuell vergangen zu haben, unter anderem im Rahmen von Zeltlagern. Inzwischen haben sich weitere Missbrauchsopfer des Geistlichen gemeldet. In einem Brief an die Kirchenmitglieder der rund 4000 Einwohner zählenden Gemeinde Merzen, wo der Mann als Pfarrer tätig gewesen war, hatte Osnabrücks Bischof Franz-Josef Bode Mitte Dezember Stellung zu dem Geschehen genommen. Er berichtete unter anderem, dass er den Priester aufgrund von »Gerüchten« in puncto sexueller Übergriffe bereits 1997 in den Ruhestand versetzt hatte.

Mittlerweile steht fest, so der Bischof sinngemäß, dass die Vorwürfe zu Recht bestehen. Das Bistum habe die Staatsanwaltschaft informiert, aber strafrechtlich betrachtet sind die Taten des Geistlichen verjährt, ließ Bode die Gläubigen wissen. Auch vor einem Kirchengericht muss sich der Beschuldigte nicht verantworten, sein hohes Alter und seine »angeschlagene« Gesundheit werden als Gründe dieser Milde angeführt. Allerdings darf der Priester, der die Taten inzwischen eingeräumt hat, nicht mehr als Seelsorger fungieren und seine frühere Pfarrei nicht aufsuchen.

Zwar bekannte der Bischof jetzt in seiner Weihnachtspredigt, in der Missbrauchssache habe es »ernste Versäumnisse und Fehler auf Seiten des Bistums gegeben«. Doch die von der katholischen Kirche im Zusammenhang mit Missbrauchsfällen in jüngerer Zeit oft beschworene Transparenz will der Bischof offensichtlich nicht in letzter Konsequenz praktizieren. Hat er doch gegenüber dem NDR die namentliche Nennung jener Vertuscher abgelehnt, die kirchlicherseits sexuellen Missbrauch gedeckt haben. Ausnahmen seien »drastische Fälle«.

Oftmals, so Bode, seien Entscheidungen von Organisationen innerhalb der Kirche getroffen worden, so dass die Nennung einzelner Verantwortlicher schwer falle. Manche Fälle seien zudem nicht ganz eindeutig und die damit Befassten teils nicht mehr am Leben, zitiert der Sender den Bischof.

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