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Tarifbindung Fehlanzeige

Nur ein kleiner Teil der freien sozialen Träger zahlt so viel wie im öffentlichen Dienst

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 3 Min.

Mitarbeiter*innen bei freien sozialen Trägern verdienen oft weniger als ihre Kolleg*innen im öffentlichen Dienst - selbst wenn die Einrichtungen mit Steuergeldern finanziert werden. Die rot-rot-grüne Regierung will das ändern, seit letztem Jahr müssen freie Träger, die Zuwendungen vom Senat erhalten, daher darlegen, ob sie tarifgebunden sind oder ihre Mitarbeiter*innen zumindest in Anlehnung an einen Tarifvertrag im Öffentlichen Dienst vergüten.

Eine erste Auswertung der erhobenen Daten liegt nun vor und es zeigt sich: Nur ein kleiner Teil der freien Träger sind überhaupt tarifgebunden. Bei den vier abgefragten Verwaltungen (den Bezirksämtern Pankow und Lichtenberg und den Senatsverwaltungen für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung sowie für Integration, Arbeit und Soziales) liegt die Tarifbindung lediglich zwischen 10 und 30 Prozent. »Insgesamt ist zu erkennen, dass die Tarifgebundenheit hauptsächlich bei kirchlichen Trägern und Wohlfahrtsverbänden vorhanden ist«, stellt der Senat weiterhin fest.

Die Ursache dieser Entwicklung liegt laut Astrid Westhoff vom Berliner Landesverband der Gewerkschaft ver.di in der Ausgliederung von Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge an private Einrichtungen. »Das führt weder für die Beschäftigten noch für die Kunden dazu, dass es besser wird«, meint sie. »Inzwischen gibt es eine unglaubliche Trägervielfalt, von der Eltern-Kita, wo sich Eltern zusammengeschlossen und eine Kita gegründet haben, bis hin zu irgendwelchen Profithaien, die aus der Pflege noch Geld rausquetschen«, so die Gewerkschafterin. Sie alle werden unterschiedlich finanziert und agieren autonom. »Das macht die Sache für Tarifverhandlungen schwierig.«

Das Problem sei zudem, dass die Zuwendungen des Senats überhaupt nicht ausreichten, um nach Tarifvertrag der Länder zu bezahlen. Laut Udo Mertens von der Gewerkschaft GEW-Berlin liegt die Personalkostendeckung bei Kitas lediglich bei 93 Prozent - den Rest müssen die Einrichtungen selbst drauflegen. Manche tun das, andere eben nicht.

Für die betroffenen Mitarbeiter*innen bei den nicht tarifgebundenen freien Trägern hat das zum Teil gravierende Auswirkungen: Die Gehaltslücke liegt laut der Auswertung des Senats zwischen fünf und zwölf Prozent - das kann schon mal mehrere Hundert Euro weniger im Monat ausmachen. Tarifexpertin Westhoff geht davon aus, dass es bei Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sogar deutlich mehr ist: »Da können es bis zu 20 Prozent sein«, schätzt sie. Die Gewerkschaften fordern daher 100 Prozent Personalkostendeckung und mehr Kontrollen, damit das Geld auch tatsächlich bei den Mitarbeiter*innen ankommt: »Hier fehlt es an der Verpflichtung, das Geld, das der Senat für die Personalmittel gibt, auch an die Beschäftigten weiterzugeben«, kritisiert Udo Mertens.

Das weiß auch der Senat, verweist aber auf die grundsätzliche Tarifautonomie der freien Träger. Nach wie vor fehle es an »rechtlich haltbaren Instrumenten, um zu einer stärkeren Verpflichtung zur mindestens tarifnahen Vergütung zu kommen«, heißt es dort. In einem nächsten Schritt soll geprüft werden, wie diese verpflichtet werden können, ihre Angestellten analog zum Tarifentgelt zu vergüten. Dazu sollen bis zum Frühsommer 2019 Instrumente ausgearbeitet werden, »die zu einer stärkeren Verpflichtung der Weitergabe von Tarifanpassungsmitteln geeignet wären« .

Astrid Westhoff weiß bereits, wie eine größere Tarifbindung erreicht werden könnte: »So viele freie Träger wie möglich rekommunalisieren.«

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