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Patt in Venezuela, Patt im Sicherheitsrat
USA und Verbündete erhöhen Druck auf Maduro, Herausforderer Guaidó lehnt »falschen Dialog« ab
Vier Tage, nachdem sich der Oppositionspolitiker und Vorsitzende des Parlaments, Juan Guaidó, auf einer Massendemonstration als Interimspräsident selbst vereidigt hat, zeichnet sich im Machtkampf Venezuelas noch keine Lösung ab. Der linksgerichtete Präsident Nicolás Maduro verfügt weiterhin über die reale Macht und kann unter anderem auf die Unterstützung Russlands und Chinas setzen. Guaidó haben neben den USA und Kanada auch zahlreiche lateinamerikanische sowie weitere westliche Staaten anerkannt.
Eine befürchtete Eskalation im Streit zwischen Maduro und der US-Regierung blieb am Wochenende vorerst aus. Am Mittwoch hatte der venezolanische Präsident die diplomatischen Beziehungen mit den USA abgebrochen und der Regierung 72 Stunden Zeit gegeben, um ihre Botschaft zu räumen. Nachdem Guaidó darum bat, sich der Anweisung zu widersetzen, zogen die USA am Freitag zunächst einen Teil des Personals ab. Mit Ablauf der 72 Stunden am Samstag verkündete Venezuelas Außenminister Jorge Arreaza dann, dass die Frist zur Ausreise auf 30 Tage ausgedehnt werde. Beide Regierungen seien übereingekommen, zunächst über die Einrichtung von »Interessensvertretungen« zu verhandeln.
Die deutsche Bundesregierung sowie die Regierungen Spaniens, Frankreichs und Großbritanniens setzten Maduro am Samstag eine Frist von acht Tagen, in der dieser seine Bereitschaft für Neuwahlen erklären soll. Auch die Niederlande schlossen sich an. Dagegen erkennt Griechenlands sozialistische Regierung weiterhin Maduro an. Die vier EU-Länder drohten, nach Ablauf ihres Ultimatums werde die Europäische Union Guaidó offiziell als Präsidenten anerkennen. In einem Interview mit dem spanischen Fernsehsender Antena 3 hatte dieser selbst am Freitag gesagt, dass Neuwahlen in einem Zeitraum von »sechs bis neun Monaten« denkbar seien. Zunächst müssten das Wahlsystem überholt und der mehrheitlich chavistisch besetzte Nationale Wahlrat (CNE) erneuert werden.
Auf einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates am Samstag wies die venezolanische Regierung die europäische Forderung scharf zurück: »Wie kommen sie darauf, dass sie irgendeine Befugnis hätten, einem souveränen Volk Fristen oder Ultimaten zu setzen?«, fragte Außenminister Arreaza. Im Sicherheitsrat selbst legten China und Russland jeweils ihr Veto gegen eine Resolution zur Unterstützung Guaidós ein. Der deutsche Außenminister Heiko Maas, der drei Tage zum Staatsbesuch in den USA weilte, reiste am Freitag, vor der Sitzung des Sicherheitsrates, ab - dessen nichtständiges Mitglied Deutschland seit Jahresbeginn ist. Bereits am vergangenen Donnerstag waren die USA innerhalb der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) vor allem am Widerstand der kleineren karibischen Staaten mit dem Ansinnen gescheitert, eine offizielle Anerkennung Guaidós durch die US-dominierte Regionalorganisation zu erwirken.
Es scheint sich also eine Pattsituation zu festigen, in der sich weder Regierung noch Opposition aus eigener Kraft durchsetzen können. Guaidó kann sich bisher frei bewegen und taucht in Caracas auf öffentlichen Versammlungen auf. Zudem könnte er mit Unterstützung Washingtons bald Zugriff auf venezolanische Vermögensgüter im Ausland erhalten, wie etwa das Tankstellennetz Citgo in den USA. Für einen tatsächlichen Machtwechsel wäre er jedoch auf die venezolanischen Streitkräfte angewiesen. Die Militärführung hat sich seit Mittwoch allerdings wiederholt für Maduro erklärt. Mit einer Ausnahme: Der bisherige venezolanische Militärattaché in den USA, José Luis Silva, erkannte Guaidó am Samstag als Interimspräsidenten an und rief das Militär auf, es ihm gleich zu tun. Guaidó begrüßte den Schritt und wies am Wochenende abermals auf das von der Nationalversammlung beschlossene Amnestiegesetz für all diejenigen hin, die bei der Herstellung der »demokratischen Ordnung« behilflich seien. Laut dem selbst ernannten Interimspräsidenten könne dies auch für Maduro selbst gelten. Den Gesetzestext wollten die Oppositionsanhänger am Sonntag allen ihnen persönlich bekannten Soldaten aushändigen.
Nichtstaatliche Organisationen zählten bei Protesten seit Anfang vergangener Woche bereits mehr als 30 Tote und über 500 festgenommene Personen. Im Gegensatz zu den gewalttätigen Auseinandersetzungen im Jahr 2017 ist die Lage in den wohlhabenderen Vierteln allerdings zwar angespannt, aber ruhig. Die Menschenrechtsorganisation Surgentes wies darauf hin, dass die Toten überwiegend in ärmeren Wohngegenden zu beklagen seien. Dennoch scheint die Bevölkerung in den Armenvierteln trotz großer Unzufriedenheit hinter der Regierung Maduro zu stehen. Guaidó hat bisher nicht einmal den Versuch unternommen, diesen bedeutenden Teil der venezolanischen Bevölkerung ernsthaft anzusprechen.
Eine Eskalation der Gewalt scheint jederzeit möglich, eine stabile Lösung kann wohl nur am Verhandlungstisch erreicht werden. Als mögliche Vermittler boten sich bereits die Regierungen Mexikos und Uruguays an, die sich dem Prinzip der Nichteinmischung verschrieben haben. Während Maduro Gesprächsbereitschaft signalisierte, sprach sich Guaidó gegen einen »falschen Dialog« aus. Stattdessen kündigte er weitere Straßenproteste an. Einen Fahrplan dafür wollte er noch im Verlauf des Sonntags bekannt geben.
Der venezolanische Machtkampf war in eine neue Phase getreten, nachdem Maduro am 10. Januar seine zweite Amtszeit antrat. Der Großteil der Opposition hatte die Präsidentschaftswahl im Mai 2018 boykottiert und Maduros Wiederwahl nicht anerkannt.
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