Lieb haben reicht nicht
Hessen: Kritik an Bouffier nach Regierungserklärung
Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hat am Mittwochmorgen im hessischen Landtag eine Regierungserklärung zu seinem Amtsantritt gehalten. Der Titel lautete: »Aufbruch im Wandel - damit Hessen auch in Zukunft stark, sicher und lebenswert bleibt«.
Trotz Verlusten der CDU bei der letzten Landtagswahl sieht Bouffier das Ergebnis als Bestätigung der Arbeit der bisherigen Landesregierung aus CDU und Grünen. Diese wird mit einer Mehrheit von einem Sitz fortgesetzt.
Hessen soll für Innovationen, Bildung, wirtschaftliche Stärke und Digitalisierung stehen, so Bouffier. »Investitionen in Wissenschaft und Forschung sind die Grundlage für die Arbeitsplätze und den Wohlstand von morgen.« Neben den Hochschulen sollen auch Kindergärten und Schulen davon profitieren. Digitale Kompetenzen sollen verbessert werden, ebenso die Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch bessere Betreuungsangebote. Bouffier verteidigte die umstrittenen erweiterten Möglichkeiten zur Notengebung an hessischen Schulen. Diese könnten »Leistungen durch schriftliche Bewertungen statt Ziffernoten« bewerten. Abschlusszeugnisse sollen aber in alter Form erhalten bleiben.
Auf die noch immer laufenden Ermittlungen zu Cum-Ex-Geschäften und Vorwürfen der Steuerhinterziehung ging Bouffier indes nicht ein. Kritisch äußerte er sich zu den laufenden Ermittlungen gegen Hessische Polizeibeamte. Diese Vorfälle »schaden dem Ansehen der Polizei und untergraben das Vertrauen in den Rechtsstaat«, so Bouffier. Dennoch gelte es, Polizisten nicht unter Generalverdacht zu stellen. IP-Tracking oder den Ausbau der Videoüberwachung wolle er weiter vorantreiben.
Während der ländliche Raum mit Arbeitsplätzen aus der Verwaltung und besserer Internetanbindung gestärkt werden soll, will Bouffier auch in den sozialen Wohnungsbau investieren. 2,2 Milliarden Euro sollen bis 2024 dafür zur Verfügung stehen. Den Umweltschutz stellte Bouffier unter das Motto »Bewahrung der Schöpfung«. Es solle auch ein »Ausgleich« zwischen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft gefunden werden.
Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Thorsten Schäfer-Gümbel, zeigte sich enttäuscht. Die Rede habe zu wenig Elan und Mut habe gezeigt, dafür hätten »Kuschel- und Wohlstandspopulismus« durchgeschienen. Bei der Digitalisierung fehlten Schäfer-Gümbel konkrete Vorschläge. Zu CDU und Grünen sagte der Oppositionsführer: »Es wird nicht reichen, dass Sie noch einmal fünf Jahre lang erklären, wie lieb Sie sich haben. Sie werden in den großen strategischen Fragen liefern müssen.«
Auch die Linkspartei vermisst »neuen Schwung« und Visionen der Koalition. Ihr Personal stehe für »kleine und große Skandale«, sagte die Fraktionsvorsitzende Janine Wissler, und sei nicht dafür geeignet, künftige Herausforderungen anzugehen - etwa in der Pflege, im Kampf gegen den Klimawandel oder für eine Verkehrswende.
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