- Politik
- Menschenrechtsverbrechen
Prozessauftakt gegen Shell wegen Verbrechen in Nigeria
Vier Witwen werfen dem Ölkonzern Unterstützung bei der Ermordung von Kritikern vor
Den Haag. Der Ölkonzern Shell muss sich in den Niederlanden wegen Menschenrechtsverbrechen in Nigeria vor Gericht verantworten. Am Dienstag begann in Den Haag ein Prozess gegen das Unternehmen, für den sich vier Witwen des Volkes der Ogoni jahrzehntelang eingesetzt haben. Dem britisch-niederländischen Konzern wird vorgeworfen, die nigerianische Militärregierung in den 90er Jahren bei der Verhaftung und Ermordung von Kritikern unterstützt zu haben, darunter die Männer der Klägerinnen. »Über Jahre hat Shell dafür gekämpft, dass dieser Fall nicht vor Gericht verhandelt wird«, erklärte eine der Witwen, Esther Kiobel, laut Amnesty International, das die Frauen unterstützt.
Aktivisten vom Volk der Ogoni hatten im Niger-Delta gegen die Verschmutzung ihres Lebensraumes durch die Erdölförderung gekämpft. Der Protest wurde von Diktator Sani Abacha blutig niedergeschlagen. Shell, das seinen Firmensitz in den Niederlanden hat, hatte enge Verbindungen zur Militärdiktatur.
Dies sei das erste Mal in einem seit mehr als zwei Jahrzehnten andauernden Rechtsstreit, dass die Frauen vor einem Gericht von ihren Erlebnissen berichten könnten, betonte Amnesty. Die Klägerinnen wollen die Komplizenschaft des Unternehmens an der Hinrichtung ihrer Ehemänner nachweisen und eine Entschuldigung sowie Entschädigungen erstreiten. »Die Frauen sind davon überzeugt, dass ihre Männer noch lebten, hätte Shell nicht so schamlos seine eigenen Interessen vorangetrieben und damit die nigerianische Regierung zu der blutigen Niederschlagung der Proteste ermutigt«, sagte Amnesty-Experte Mark Dummett.
Die Klage gegen Shell wurde im Juni 2017 von Esther Kiobel, der Witwe des Aktivisten Barinem Kiobel, und drei weiteren Frauen bei einem Zivilgericht in Den Haag eingereicht. Das Unternehmen sorgte immer wieder für Verzögerungen und bemühte sich einen Prozess abzuwenden. In der Klageschrift wird Shell laut Amnesty der Mittäterschaft an der ungesetzlichen Verhaftung und Hinrichtung von neun Männern bezichtigt. Die sogenannten Ogoni Nine, darunter Kiobel und der Autor Ken Saro-Wiwa, wurden wegen ihres Protests am 10. November 1995 gehängt.
Im Niger-Delta wird seit den 50er Jahren Öl gefördert. Sümpfe und Flussarme sind verseucht. Die Lebensbedingungen des dort ansässigen Ogoni-Volkes wurden nachhaltig beeinträchtigt. Bis heute ist das Trinkwasser mit Öl verschmutzt und Landwirtschaft durch Öllachen auf den Böden unmöglich. Der Ölkonzern Shell wehrt sich bis heute, die Verantwortung für die Folgen zu übernehmen. epd/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.