Neuer Anlauf zu Verfassungskomitee für Nachkriegs-Syrien

UN-Sondergesandter hofft auf »Neuanfang« für das kriegsgeplagte Land / Kampf um letzte IS-Bastion im Nordosten bei Al-Baghus

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 3 Min.

Syrien-Gespräche laufen internationale auf verschiedenen Ebenen und in sehr unterschiedlichen Gremien. Neben den iranisch-russisch-türkischen Versuchen, den Krieg in Syrien - bei Wahrung eigener Interessen - zu einem Ende zu bringen, bemüht sich ja seit dem ersten Kriegsjahr 2011 auch der UN-Sicherheitsrat mit einem Syrien-Sondergesandten um Konfliktschlichtung, allerdings weitgehend erfolglos.

Am krassesten gescheitert ist in dieser Mission der Italo-Schwede Staffan de Mistura. Der Gründe dafür gab es mehrere. De Mistura genoss kaum Unterstützung seitens der Großmächte. Folglich war er auch bei den mittelbar im Syrien-Krieg mitmischenden Staaten der Region weitgehend einflusslos. Die auf Seiten der legitimen Regierung Syriens stehenden Staaten und Gruppierungen hatten zudem den wohl zutreffenden Eindruck, dass de Mistura mit seiner stark an der westlichen Syrien-Position orientierten Strategie ihren Vorstellungen wenig Legitimität zubilligt. So trat Stillstand ein im UN-gestützten Syrien-Verhandlungsprozess.

Uneingestanden, aber sicher auch deshalb gibt es inzwischen einen Mistura-Nachfolger, den Norweger Geir Pedersen, bis dato Botschafter seines Landes in China. Am Dienstag konferierte er in Berlin mit Bundesaußenminister Heiko Maas. Pedersen erklärte, er hoffe auf einen »Neustart« für das Land. Ein »Schlüssel«, für den weiteren politischen Prozess, so der UNO-Sondergesandte laut AFP, sei die Einsetzung eines Verfassungskomitees.

Da hat er zweifellos recht, denn das war zuletzt ein wesentlicher Knackpunkt. De Mistura hatte zuletzt noch für die »Drei-Drittel-Lösung« geworben, obwohl sie von Damaskus klar zurückgewiesen wurde. Das zu schaffende Verfassungskomitee für Syrien sollte zu je einem Drittel aus Vertretern bestehen, die von der Regierung nominiert werden; zu einem Drittel von Regierungsgegnern und zu einem weiteren Drittel von exilierten Syrern.

Präsident Baschar al-Assad vermutet wohl zurecht, dass die Regierungsposition damit in eine klare Minderheit geriete, und sieht damit die wahren Kräfteverhältnisse im Lande auf den Kopf gestellt. Die militärischen Erfolge der Regierungsarmee der vergangenen drei Jahre würden so in keiner Weise berücksichtigt. Nicht einmal die Türkei, für deren deren syrische Schützlinge die Drei-Drittel-Lösung ein unverhofftes Geschenk wäre, stellte sich ernsthaft dahinter. Ob auch Pedersen versucht, Assad de Misturas Plan zu verkaufen, wird sich zeigen. Dass er ihn bei Maas ansprach, ist jedenfalls nicht überliefert.

In der Mitteilung über die Begegnung mit Maas wird das Sotschi-Treffen nicht erwähnt, obwohl kaum anzunehmen ist, dass beide zwei Tage vor dessen Stattfinden nicht darüber gesprochen haben. Das mag diplomatischen Rücksichtnahmen geschuldet sein, stand Deutschland der Dreierinitiative Ankaras, Moskaus und Teherans doch stets distanziert bis ablehnend gegenüber - schon weil das offizielle Berlin ungeachtet der Fakten weiterhin auf Regime-Sturz setzt.

Zur Lage des Islamischen Staates (IS) in Syrien sagte Pedersen, die Dschihadistenmiliz sei »dramatisch geschwächt, aber vielleicht noch nicht komplett besiegt«. Diese Diktion entspricht momentan der Linie der Westeuropäer. Zwar zweifelt weder in Berlin, noch in London oder Paris jemand daran, dass die Banden der islamischen Fundamentalisten dem militärischen Untergang geweiht sind. Aber mit der Formel »noch nicht endgültig besiegt« möchte man sich ein Hintertürchen für eine in informelle militärische Präsenz auf dem Boden Syriens offenhalten.

Im Moment haben die syrischen Kurden laut dpa vom Mittwoch im Kampf um »die letzte Bastion« des IS in Syrien »spürbare Fortschritte« am Boden erzielt. Allerdings leisteten die Extremisten in dem Ort Al-Baghus im Nordosten erbitterten Widerstand, wird ein Sprecher der Kurden zitiert.

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