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Nur am Cockpit die Nase vorn
Warum der Airbus-Konzern seinen Riesenflieger A380 ab 2021 nicht mehr herstellen wird
Die Bauchlandung des Riesenvogels war schon lange absehbar. Auf vielen Flugplätzen der Welt stehen gebrauchte Airbus A380 herum und warten auf Beschäftigung oder den Verkauf in Einzelteilen. Im Sommer musterte ausgerechnet Singapore Airlines, im Jahr 2007 der erste A380-Kunde, fünf der Riesenjets aus und gab am Ende eines zehnjährigen Leasingvertrages diese an die Eigentümer zurück. Das sind Fondsgesellschaften wie die Dr. Peters Group in Dortmund, der laut Firmenangaben neun A380 gehören. Andere Finanzfirmen sitzen auf etwa einem Dutzend Riesenflieger, die wohl nur noch als Ersatzteillager gebraucht werden.
Darauf setzt auch Airbus. Am Donnerstag hatte der europäische Luftfahrt- und Rüstungskonzern angekündigt, die Produktion seines Riesenfliegers im Jahr 2021 einzustellen. Zuvor hatten die australische Fluglinie Qantas und die arabische Fluggesellschaft Emirates ihre Bestellungen erheblich reduziert. Damit gebe es keine Grundlage mehr für eine Fortsetzung der Produktion, teilte Airbus am Stammsitz in Toulouse mit.
Der scheidende Airbus-Chef Tom Enders bedauert das Aus. Die Entscheidung »basiere auf Fakten«. Allerdings sei das Ende des Neubaus nicht das Ende des »Programms«. Weltweit sind etwas mehr als 230 der Riesenvögel im Einsatz. Und die werden auch künftig Ersatzteile, Wartung und Service benötigen.
Daran knüpfen auch die Gewerkschaften an. Europaweit sind 3000 bis 3500 Stellen betroffen, ein Drittel davon am zweiten Stammsitz, in Hamburg-Finkenwerder. In Deutschland sind unter anderem auch Bremen und Stade betroffen. Die IG Metall zeigte Verständnis für die Entscheidung. »Es ist schade um den schönen Flieger«, sagte Meinhard Geiken, Bezirksleiter der IG Metall Küste. »Aber die Entscheidung des Vorstandes ist nachvollziehbar, da sich die A380 nicht verkauft.«
Für die Beschäftigten bleibt Geiken optimistisch: »In anderen Programmen gibt es reichlich Arbeit.« Betriebsbedingte Kündigungen seien durch einen »Zukunftstarifvertrag« bis Ende nächsten Jahres ohnehin ausgeschlossen. Allerdings könnte das A380-Aus mittelfristig die Arbeitsplätze von prekär Beschäftigten und bei Zulieferern kosten.
Airbus hat trotz hoher Belastungen durch die Einstellung des A380 und Kosten für den Militärtransporter A400M im vergangenen Jahr einen deutlichen Gewinnsprung erzielt. Unter dem Strich stand ein Gewinn von 3,05 Milliarden Euro und damit 29 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie der Boeing-Rivale ebenfalls am Donnerstag mitteilte.
Kanzler Gerhard Schröder hatte einst anlässlich des Erstfluges von einem »riesigen Erfolg für die Innovationskraft europäischer Unternehmen« gesprochen. Die prognostizierten Verkaufszahlen erreichte der Riesenflieger jedoch nie. Das Ende vollzog sich in Etappen. Bereits 2017 war die weitere Produktion in Frage gestellt worden. Dann rettete ein Großauftrag den A380 zunächst.
Dabei schien das Konzept wirtschaftlich und ökologisch durchaus überzeugend: Eine möglichst große Zahl von Fluggästen wird in einem einzigen Flugzeug platz- und energiesparend von Kontinent zu Kontinent zu einem »Hub« geflogen, von wo aus sie in kleineren Maschinen zu ihren Zielen gebracht werden. Auf dem Reisemarkt fiel die Idee jedoch durch. Berufliche Vielflieger und Touristen steigen ungern um und ziehen den Direktflug vor. Mittlerweile ist auch die technische Entwicklung am Riesenvogel vorbeigezogen. Jüngere Interkontinentalflieger kommen mit zwei Triebwerken aus - der A380 wird mit vier angetrieben. In der Treibstoff- und Klimabilanz pro Passagier büßte der Riesenflieger dadurch seinen früheren Vorsprung nach und nach ein.
Ähnlich erging es US-Konkurrent Boeing. Er war mit vergrößerten Versionen des Jumbojets mitgezogen und fuhr jüngst die Produktion zurück. Nur noch einige wenige Luftfrachtversionen stehen noch im Orderbuch.
Airbus kommt derweil mit der Auslieferung der kleineren, flexibleren Modelle A320, A330 und A350 kaum hinterher. Auch Großkunde Emirates will statt der Riesenvögel nun A350 kaufen. Darüber freuen sich die Aktionäre des teilstaatlichen Konzerns: Der Börsenkurs, der entgegen dem Trend seit längerem steigt, machte am Donnerstag einen weiteren Sprung nach oben.
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