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Test für Spaniens Demokratie
Die Wahlen im April gehen mit dem umstrittenen Prozess gegen katalanische Politiker einher
Spanien steht vor spannungsreichen Wochen. Einen Vorgeschmack darauf gab der Samstag in Barcelona. Zwischen 200.000 Menschen (nach Angabe der Polizei) und 500.000 (nach Angaben der Veranstalter) demonstrierten für die »Freiheit der politischen Gefangenen« und gegen den Prozess: »Selbstbestimmung ist kein Delikt«, lautete das Motto. Für den kommenden Donnerstag hat die katalanische Gewerkschaftsföderation CSC zum Generalstreik aufgerufen. Da es »ohne Rechte keine Freiheit« gibt, soll Katalonien einen Tag lahmgelegt werden. Der Stein des Anstoßes: der seit 12. Februar in Madrid laufende Prozess gegen inhaftierte Führungsmitglieder der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung, die teils hohen Haftstrafen bis zu 25 Jahren entgegensehen. Eine Verurteilung wegen Rebellion oder Aufruhr wird jedwede Möglichkeit für einen Dialog zwischen Madrid und Barcelona zerstören. Schon die bisherigen zaghaften Versuche waren gescheitert.
Welche Bedeutung der Prozess für die spanische Entwicklung hat, zeigte sich erst vergangene Woche: Nachdem der sozialdemokratische Ministerpräsident Pedro Sánchez den im vergangenen Herbst begonnenen Dialog mit dem katalanischen Premier Quim Torra zu einer Lösung des Kataloniens-Konflikts abgebrochen hatte, da PP, Ciudadanos (Bürger) und VOX dagegen Sturm liefen, war eine Mehrheit für Sánchez Haushalt außer Reichweite. Die katalanische linksrepublikanische ERC und die katalanische liberalkonservative PDeCat verweigerten ihre Zustimmung, womit Neuwahlen nötig wurden.
Die ersten Prognosen sind schlecht für Sánchez, der am vergangenen Freitag für Spanien vorgezogene Neuwahlen für den 28. April angekündigt hat. Nachdem der Regierungschef nach nur neun Monaten das Handtuch geworfen hat, sagen Umfragen voraus, dass seine Sozialdemokraten (PSOE) zwar ihr Wahlergebnis von 23 auf etwa 28 Prozent verbessern könnten. Das wird ihnen aber wenig helfen. Denn ihrem zentralen Partner, der linken Unidos Podemos (Gemeinsam können wir es), wird wegen interner Zerstrittenheit ein Absturz von 21 auf zwölf Prozent prognostiziert. Im schlimmsten Fall hätte Sánchez keinerlei Chancen mehr, eine Regierung jenseits des rechten Dreierblocks aus Volkspartei PP, Ciudadanos (Bürger) und ultrarechter VOX zu bilden.
Bessere Chancen als Sánchez hat laut Umfragen der rechte Dreierblock, das Modell Andalusien auf Spanien auszuweiten. Dort wurde im Dezember die PSOE nach 40 Jahren erstmals abgewählt. In der bevölkerungsreichsten südlichen Region regiert nun erstmals die rechte Volkspartei (PP) in Koalition mit der rechten Ciudadanos (Bürger/Cs) und lässt sich von der rechtsradikalen VOX stützen. Die PP befindet sich zwar wegen ihrer Korruptionsskandale im Sinkflug und liegt klar hinter der PSOE, ist aber weiter stärkste Partei im rechten Lager vor den Ciudadanos und dem Emporkömmling VOX, dem deutlich über zehn Prozent vorausgesagt werden.
Für Sánchez ist bestenfalls eine Neuauflage der bisherigen Minderheitsregierung drin. Wieder wäre er auf katalanische Unabhängigkeitsparteien angewiesen. Die hat er gerade vor den Kopf gestoßen. Nun versucht er, die Tür nach Katalonien wieder zu öffnen. Er stimmt seine Partei wieder auf den Dialog ein. Darauf werde er »niemals verzichten«, sagte er. Dialog sei der einzige Weg, »um unsere Unstimmigkeiten und die territoriale Krise zu lösen, die unser Land betrifft«. Seine Vizepräsidentin Carmen Calvo sagte im Interview mit der katalanischen »La Vanguardia«: »Wir müssen weiter mit Katalonien sprechen, um eine politische Lösung zu finden.« Viele fragen sich, warum er den Dialog abgebrochen hat. Hätte er den »Stier bei den Hörnern gepackt«, dessen »Freund« er sein will, hätte Sánchez seinen Haushalt und seine Regierung retten können, statt den gefährlichen Weg über Neuwahlen einzuschlagen.
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