Geheimdienstliche Kooperation mit Nebenwirkungen

Bürger- und Menschenrechtler könnten durch die verstärkte Zusammenarbeit zwischen EU und Arabischer Liga ins Visier geraten

  • Oliver Eberhardt
  • Lesedauer: 3 Min.

An die 50 Könige, Präsidenten, Emire, Minister waren am Wochenende in den ägyptischen Badeort Scharm el Scheich zum Gipfeltreffen der Arabischen Liga mit der Europäischen Union gereist; nur die Kontroversesten waren zu Hause geblieben. Der sudanesische Präsident Omar al Baschir, der vom Internationalen Strafgerichtshof wegen Kriegsverbrechen gesucht wird, und der saudische Kronprinz Mohammad bin Salman.

Offiziell sollten bei diesem Treffen Terrorbekämpfung und Flüchtlingsthematik im Vordergrund stehen. In ihren Reden betonten die Vertreter der EU-Staaten immer wieder, um das Erstarken radikaler Organisationen wie dem Islamischen Staat zu verhindern, sei das Entstehen von starken Zivilgesellschaften in der arabischen Welt erforderlich. Die Vertreter der arabischen Staaten nahmen diese sorgsam vorformulierten Statements weitestgehend kommentarlos zur Kenntnis.

»Sie können davon ausgehen, dass die arabischen Staaten sehr genau wissen, dass es bei mahnenden Worten bleiben wird«, sagt Khaled Ali, ein ägyptischer Anwalt und Menschenrechtsaktivist, dem vor der Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr die Kandidatur verboten worden war. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen sitzen bis zu 60 000 Menschen allein in Ägypten aus politischen Gründen im Gefängnis; in der gesamten Arabischen Welt dürften es Hunderttausende sein. Die Staatsgäste aus dem Westen kommen dennoch zahlreich, auch aus Deutschland mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an der Spitze, denn es gilt, die eigenen Interessen zu vertreten.

Die arabische Welt ist für europäische Unternehmen ein wichtiger Exportmarkt. Zudem hat mit der Debatte um die Rücknahme von ausländischen Angehörigen des Islamischen Staats die Terrorismusprävention erneut an Bedeutung gewonnen: Die Europäische Union (EU) möchte den Informationsaustausch mit den arabischen Staaten ausweiten, um einen besseren Überblick über potenzielle Täter zu erhalten. Doch dieses Thema ist heikler, als es auf den ersten Blick aussieht: In vielen arabischen Staaten hat man eine andere Definition des Terrorismusbegriffs: Es passiert regelmäßig, dass Personen oder Organisationen, die für Bürger- und oder Menschenrechte eintreten, als Terroristen ins Fadenkreuz des Staates geraten - und es ist durchaus denkbar, dass arabische Geheimdienste einen Informationsaustausch mit der EU dazu nutzen könnten, um gegen Kritiker vorzugehen.

Ein anderes heikles Thema wurde vor allem in den Hinterzimmern angesprochen: das deutsche Waffenembargo gegen Saudi-Arabien. Die Affäre rund um die Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi hängt nach. Der Verdacht, dass der dem Gipfel deswegen fern gebliebene Kronprinz Mohammad bin, Salman den Mord angeordnet haben könnte, ist weiter da, während die saudische Regierung darauf hofft, eine Wiederaufnahme der deutschen Exportgenehmigungen erreichen zu können.

»Wir sind sehr erfreut darüber, dass andere europäische Regierungen uns als wichtigen Partner in der Region betrachten«, so der saudische Außenamtssprecher mit Blick auf Großbritannien: Der dortige Außenminister Jeremy Hunt hatte kürzlich in einem Brief an Bundesaußenminister Heiko Maas eine Exportfreigabe angemahnt: Solange diese nicht erteilt würde, könnten auch Teile, die britische Unternehmen für die Erfüllung ihrer Verträge mit Saudi-Arabien benötigen, nicht eingehalten werden.

Als großer Verlierer des Gipfels steht indes bereits der palästinensische Präsident Mahmud Abbas fest: Er hatte darauf gehofft, die Palästina-Frage ganz oben auf die Tagesordnung befördern zu können. Doch sein Anliegen fand kaum Beachtung; wie schon seit Jahren, wenn sich die Arabische Liga, trifft, blieb es auch dieses Mal bei der knappen Forderung nach einem unabhängigen Palästina.

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