Werbung

Schalke in Schutt und Asche

Nach dem 0:4 gegen Aufsteiger Fortuna Düsseldorf herrscht Chaos am Berger Feld

  • Andreas Morbach
  • Lesedauer: 2 Min.

Als Christian Heidel als Manager auf Schalke noch voller Tatendrang war und Domenico Tedesco als neuen, spannenden Cheftrainer gerade frisch an der Angel hatte, stimmte er eine dreiteilige Lobeshymne auf den damals 31-jährigen Deutsch-Italiener an: Tedesco bringe Mannschaften taktisch nach vorne, besitze hohe soziale Kompetenz und sei zudem mit einer großen Kommunikationsbereitschaft gesegnet. Seine ausgeprägte Diskussionsfähigkeit bewies der gebürtige Kalabrier besonders eindrucksvoll auch am Sonnabend - als er sich nach dem bodenlosen 0:4 seines Teams gegen Aufsteiger Fortuna Düsseldorf allein vor die aufgebrachten Fans in der Nordkurve stellte.

Die Hände hatte Tedesco dabei demütig gefaltet, später fällte er ein vernichtendes Urteil über die eigene Elf. »Wir hatten keinen Charakter. Null. Nichts. Wir kamen gefühlt immer einen Meter zu spät. Wir haben nichts von dem umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben. Nach so einer Woche. Das ist noch bitterer«, legte der Coach nicht zuletzt seinen jüngsten Versuch, mit dem abstiegsbedrohten Vizemeister endlich die Kehrtwende zu schaffen, in Schutt und Asche. Ein Rücktritt allerdings kommt für Tedesco, der von den eigenen Fans mit Bierbechern beworfen wurde, nicht in Frage: »Ich bin keiner, der sich hier verpisst. Hundertprozentig nicht. So bin ich nicht erzogen. Ich glaube an meine Arbeit.«

Ob die Schalker Chefs noch daran glauben, darf nach dem zweiten sportlichen Offenbarungseid innerhalb einer Woche bezweifelt werden. Das Problem beim aktuellen Chaos auf dem Berger Feld: Heidel hat sich als Sportvorstand vor neun Tagen zurückgezogen, sein Nachfolger Jochen Schneider wird erst am Dienstag offiziell vorgestellt. Beim bisherigen ultimativen Tiefpunkt in dieser Saison saß Schneider ernüchtert auf der Tribüne. Neben dem gleichermaßen bedienten Aufsichtsratschef Clemens Tönnies, der seinerseits auf Zeit spielte und verkündete: »Der neue Sportvorstand wird sich am Dienstag zur Lage äußern. Ich werde jetzt nicht Trainer aus- oder einstellen.«

Fest steht: Das königsblaue Ensemble liegt momentan fußballerisch wie mental in Trümmern. Teile der Fans sind außer Rand und Band, Kapitän Benjamin Stambouli musste am Ende seines Versuchs, beschwichtigend einzuwirken, den erbosten Ultras seine Kapitänsbinde abgeben. Für Montag ist beim Tabellen-14. eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung anberaumt - und den passenden Kommentar zum Spiel lieferte mit Kaan Ayhan ein ehemaliger Schalker. »Es ist zu bitter, um schön zu sein«, bekannte Fortunas Innenverteidiger - den vor allem die Höhe des Düsseldorfer Sieges schmerzte: »Mit einem 1:0 hätte ich heute super leben können.«

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.