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  • Doping im Radsport

»Wir brauchen mehr Kontrollen«

Iwan Spekenbrink, Chef des Profiradteams Sunweb, zeigt sich enttäuscht darüber, dass einer seiner ehemaligen Fahrer in den Erfurter Dopingskandal verwickelt ist

  • Tom Mustroph
  • Lesedauer: 3 Min.

Georg Preidler war lange Zeit Profi in Ihren Teams. Wie fällt Ihre Reaktion auf sein Dopingeingeständnis aus?

Es ist ein absoluter Schock, für den Sport insgesamt. Ich kenne den Fall bislang auch nur aus den Medien und nicht die Details. Aber mehrere Sachen werden dabei klar. Erstens: Doping ist weiterhin ein Problem des gesamten Sports. In den Medien werden Skilanglauf, Biathlon, Radsport, auch Fußball genannt. Zweitens: Die Sportler wurden nicht durch Tests überführt, sondern durch die Polizei. Das heißt, wir müssen mehr testen und die Tests müssen besser werden. Drittens: Man kann die Menschen nicht ändern, man kann aber ihr Verhalten ändern. Das ist wie im Straßenverkehr. Es gibt immer wieder Leute, die zu schnell fahren. Stellt man viele Blitzer auf, werden aber auch mehr Leute langsamer fahren. Für uns heißt das, es muss mehr Dopingkontrollen geben.

Zur Person
Iwan Spekenbrink ist Chef des deutschen Radsportrennstalls Sunweb. Bis 2017 fuhr auch der Österreicher Georg Preidler fünf Jahre lang für das Team. Nun hat dieser der Polizei gestanden, beim Erfurter Dopingarzt Mark S. Blut zum Dopingzweck abgegeben zu haben. Spekenbrink, der mit noblen Zielen angetreten war, zeigt sich nd-Autor Tom Mustroph gegenüber geschockt – und fordert mehr Kontrollen.

Haben Sie bei Georg Preidler zuvor Indizien für Doping bemerkt?

Um es gleich zu sagen: Wir haben nicht deshalb den Vertrag mit ihm nicht verlängert. In seinem Blutprofil gab es keinen Hinweis auf Doping. Wir haben den Vertrag nicht verlängert, weil wir nicht mehr das Gefühl hatten, dass er komplett zum Team passt.

Was meinen Sie damit? Seine sportlichen Fähigkeiten oder seinen Charakter?

In einem Mannschaftssport kommt es auf viele Komponenten an: auf Taktik, auf das Training, auch darauf, wie die Zusammenarbeit mit den vielen Menschen im Team ist. Wir hatten einfach nicht mehr das Gefühl, dass es zu 100 Prozent passt. Daher haben wir entschieden, dass es deshalb besser ist, getrennte Wege zu gehen.

Hat Sie das Verhalten Preidlers dennoch persönlich enttäuscht?

Natürlich.

Ihr Rennstall stieg vor einigen Jahren unter anderem mit dem Ziel in den Radsport ein, eine neue Philosophie einzubringen, sauberen Sport zu praktizieren und damit auch erfolgreich zu sein. Preidler gehörte viele Jahre dazu, er kannte also die Philosophie. Trotzdem hat er offenbar Doping versucht. Sind Sie mit der Vermittlung Ihrer Ziele gescheitert?

Nein. Wir haben diese Philosophie und brauchen sie weiterhin. Wir müssen aber weiter daran arbeiten. Im Radsport hat sich bereits sehr viel geändert. Er ist jetzt ganz weit vorn im Antidopingkampf. In den 80er und 90er Jahren gehörte Doping noch zur Kultur des Radsports, alle wussten davon, aber niemand redete. Mit dem Fuentes-Skandal 2006 kam Druck von außen. Doping wurde geächtet, Sponsoren zogen sich zurück, das deutsche Fernsehen stieg aus. Bei der jungen Generation von Radsportlern ist es zum Doping jetzt ein viel größerer Schritt als früher. Denn ihr ganzes Umfeld sieht das kritischer. Natürlich kann man aber nicht in jeden Menschen hineinschauen.

Wie weit ist Doping Ihrer Beobachtung nach weiterhin im Radsport verbreitet?

Man kann seine Zeit damit verbringen, darüber zu spekulieren, und man kann seine Kraft dafür einsetzen, die Dinge zu verändern. Ich will die Dinge lieber verändern. Und was aus diesem Fall klar wird, ist: Wir brauchen einfach mehr Kontrollen.

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