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Die Krise des Antidopings
Die Ski-WM in Seefeld zeigte die Schwächen des Blutpassprogramms auf. Jetzt kommen die Titelkämpfe im Biathlon
Auf Seefeld folgt Östersund. Am schwedischen Veranstaltungsort der Biathlon-WM sind Szenen wie in Österreich wohl nicht zu erwarten, als die Polizei einen Skilangläufer noch mit der Transfusionsnadel im Arm erwischte. Biathlonstars wie Laura Dahlmeier glauben zum Einen an die abschreckende Wirkung der Razzia. Zum anderen hat sich der Weltverband IBU in der Vergangenheit eher als vertuschende Instanz bei Auffälligkeiten im Blutpass hervorgetan. Die IBU-Generalsekretärin Nicole Resch, eine gebürtige Thüringerin, hatte wohl auch deshalb im letzten Jahr ihren Posten verlassen müssen. Ob nun echte Verfolgungsschärfe zurückgekehrt ist, und Schwedens mittlerweile berühmter Dopingfahndungshund »Molly« mehr als ein PR-Gag ist, wird man nunwährend der Weltmeisterschaften beobachten können.
Andrea Gotzmann, Vorstandsvorsitzende der Nationalen Antidoping Agentur NADA, kündigte für Östersund jedenfalls Lehren aus Seefeld an. »Die Erkenntnisse werden jetzt in die Analyse einbezogen. Wir werden den Biologischen Athletenpass dieser Sportler genau studieren und auf die nun bekannten Zeitpunkte achten, in denen manipuliert wurde. Dabei wird man vielleicht auch Konstellationen erkennen, die wir anders bewerten müssen«, erklärte Gotzmann »nd«.
Die Erkenntnisse betreffen die kurzen Zeiträume, in denen sich die Kunden des festgenommenen Erfurter Arztes Mark S. Blut zugeführt und wieder abgeführt haben: kurz vor dem Wettkampf und wenige Stunden oder Tage nach dem Wettkampf. Die Konzentration der festen Bestandteile des Bluts wurde zudem durch Kochsalzlösungen verringert. »Wer bei einem normalen Check auffliegt, muss schon ein Trottel sein«, spottete etwa der festgenommene Langläufer Dominik Baldauf. Er konnte sich sicher sein, durch die Maschen des Dopingkontrollsystems zu schlüpfen.
Vor allem das Blutpassprogramm steht in der Kritik. Eigentlich sollte die Langzeitbeobachtung des Blutbilds auch Hinweise auf Eigenblutdoping geben. »Das System funktioniert auch gut. Es hängt aber von der Menge des entnommenen und wieder zugeführten Blutes ab. Bei drei Blutbeuteln schlägt es ganz sicher Alarm. Bei einem Blutbeutel von etwa 280 Milliliter wird es sehr wahrscheinlich nicht anschlagen«, erklärte Rasmus Damsgaard dem »nd«. Der Antidopingexperte des Skiweltverbandes FIS und früher auch im Radsport aktiv weiß, hohe Dosierungen werden erkannt, geringe nicht - diese Lücke nutzte das Team um Mark S. aus. Es ist sicher nicht die einzige Gruppe, die so agiert.
Dieses offensichtliche Versagen des Blutpassprogramms ist für NADA-Vorstand Gotzmann allerdings auch Zeichen eines Erfolges. »Der Biologische Athletenpass wirkt. Wir sehen, wie sich manipulierende Athleten anpassen. Es gibt nicht mehr diese großen Ausschläge«, erklärt sie. Auslöser des Seefeld-Skandals war schließlich auch eine Dopingkontrolle - der EPO-Fall des jetzigen Kronzeugen Johannes Dürr. »Es handelte sich um eine Zielkontrolle, die sehr schnell und kurzfristig durch die gewonnenen Erkenntnisse angesetzt wurde. Danach war den manipulierenden Athleten klar, dass sie dieses Schema nicht mehr weiterverfolgen konnten«, bilanziert sie. Und deshalb der Rückgriff aufs »alte« Blutdoping. Gotzmann beobachtet auch weitere Rückgriffe auf eher überkommene Dopingmethoden, mit Xenon und Kobalt etwa. Im Standardkontrollprogramm wird auf diese Substanzen nicht getestet, außer der Reihe bei der NADA aber manchmal schon.
Mal sehen, was Östersund bringt. Mit der Blutzentrifuge des Erfurter Arztes Mark S. sollen vor mehr als zehn Jahren bei der Wiener Blutspendeklinik Humanplasma schließlich auch Dopingkunden aus dem Biathlon versorgt worden sein.
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