Schießt den »Spitzenvater des Jahres« auf den Mond

Männer werden mit 5000 Euro dafür belohnt, dass sie in Elternzeit gehen

  • Katharina Schwirkus
  • Lesedauer: 4 Min.

Man könnte viel um den heißen Brei herumreden, doch die Auszeichnung »Spitzenvater des Jahres« der Großbäckerei Mestemacher gehört ins All. Wenn alles gut geht, kommt der Preis nächstes Jahr genau dorthin.

Aber der Reihe nach: Seit 2006 wird die Auszeichnung an Männer vergeben, die ein Jahr lang in Elternzeit gehen und damit ihrer Frau die Möglichkeit geben, weiterzuarbeiten. Die Männer erhalten neben der öffentlichen Auszeichnung 5.000 Euro. Vergeben wird der Preis ausgerechnet am internationalen Frauentag, dem 8. März.

Dieses Jahr wurde über die Auszeichnung besonders viel berichtet, weil der Ehemann der deutschen Astronautin Insa Thiele-Eich ausgewählt wurde. Viele Medien verkauften die Geschichte so, dass Thiele-Eich nur ins All kann, weil ihr Mann ihr den Rücken frei hält. Sie selbst hat derweil im Nachrichtendienst Twitter klargestellt, dass sie nächstes Jahr nur zwei Wochen ins All gehen wird, ihr Mann aber ein ganzes Jahr in Elternzeit ist und beides nicht in direktem Zusammenhang miteinander steht. Des Weiteren gab sie bekannt, dass der Preis bei ihr und ihrem Mann zunächst »Irritation« auslöste, ihr Ehemann und sie sich aber bewusst dafür entschieden hätten, den Preis anzunehmen, »weil wir die Werte, die dieser Preis verkörpert, nämlich beide vertreten und verbreiten wollen«. 2020 wird Thiele-Eich als erste Frau die Wissenschaftsmission auf der Internationalen Raumstation ISS leiten.

Der Preis wird von der Mitinhaberin der Bäckerei, Ulrike Detmers, verliehen. In einem Video erklärt sie: »Der Vater ist für mich genauso wichtig wie die Mutter. Für die Bildung, für die Erziehung, für die Qualifizierung des Kindes, für die Betreuung. Und die Kinder freuen sich auch, wenn sich der Vater genauso um die Kinder kümmert wie die Mutter.«

So weit, so gut. Und trotzdem ist dieser Preis einfach nur Mist: So fordert Detmers zwar »mehr moderne Väter«. Doch die Formulierungen der Preisausschreibung lassen sich so lesen, als sei festgeschrieben, dass der »Spitzenvater« nur an Männer von Frauen verliehen wird. Dort heißt es etwa: Der Spitzenvater »handelt aus innerlicher Überzeugung und stimmt mit der Mutter darin überein, dass die Fähigkeit flexiblen Verhaltens die berufliche und die familiäre Leistungsfähigkeit erhalten«. Damit dürften sich homosexuelle Paare nicht angesprochen fühlen. Gegenüber »nd« sagte Detmers, dass bisher zwar noch kein homosexuellen Vater ausgezeichnet worden sei, »diese aber nicht ausgeschlossen werden« sollten. Für Frauen, welche ihre Karriere und die Erziehung der Kinder miteinander in Einklang bringen, gibt es von Mestemacher übrigens keinen vergleichbaren - etwa einen »Spitzenmutter des Jahres« - Preis.

Neben den strukturellen Problemen der Preisausschreibung kann man auch die diesjährige Auswahl kritisieren: Daniel Eich ist laut Pressemitteilung von Mestemacher »Experte und Produktentwickler für eine Finanzdaten und Analytik Software beim führenden Anbieter FactSet GmbH in Frankfurt«.-Das hört sich nicht gerade nach einem Geringverdiener an, der auf das Preisgeld von 5.000 Euro angewiesen ist.

Im Gegensatz zu den überwiegend positiven Medienberichten über den »Spitzenvater des Jahres«-Preis hagelt es im Internet Kritik. Bei Twitter schreiben etliche Mütter, sie würden sich über eine vergleichbare Anerkennung freuen.

Auch alleinerziehende und homosexuelle Väter machen ihrem Unmut Luft. Viele Menschen schrieben die für den Preis verantwortliche Mitinhaberin der Bäckerei Detmers deshalb persönlich an. Auf diese Kritik hat sie mittlerweile mit einem Text reagiert, welcher auf der Homepage des Unternehmens veröffentlicht wurde. Dort schreibt Detmers: »Mir geht es aber bei der Anerkennung von Spitzenvätern darum, Vorbilder zu zeigen, die sich nicht wie ein eher typischer Mann verhalten.« Vielleicht liegt genau darin das Problem: Was soll denn ein »nicht eher typischer Mann« sein? Und warum verdient er eine Auszeichnung?

Der Preis »Spitzenvater des Jahres« gehört eindeutig auf den Mond. Wollen wir hoffen, dass ihn die Astronautin Thiele-Eich genau dort im nächsten Jahr abliefert.

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