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Bleibt Raed Saleh alleiniger Vorsitzender?
SPD-Fraktion wählt neuen Chef - Spekulationen im Vorfeld über Einführung einer Doppelspitze
Es wirkt unzeitgemäß. Als jüngst die drei Fraktionsspitzen von SPD, Linkspartei und Grünen gemeinsam im brandenburgischen Rheinsberg bei der Linksklausur auftreten, werden zwei der drei Parteien durch Doppelspitzen vertreten, insgesamt drei Frauen und ein Mann sitzen für die LINKE und die Grünen auf dem Podium. Die SPD dagegen ist mit ihrem Mann Raed Saleh vor Ort präsent. Das passt nicht richtig zu Rot-Rot-Grün, das aktuell in Berlin ein Parité-Gesetz plant.
An diesem Dienstag nun wollen die Sozialdemokraten im Abgeordnetenhaus ihren Vorstand neu wählen. Einziger Bewerber, der sich öffentlich zu seiner Kandidatur bekennt, ist der Amtsinhaber Raed Saleh. Seit 2011 leitet der Spandauer die Fraktion. Zu Zeiten der Großen Koalition galt er als Garant für Stabilität in der bürgerlichen Koalition, die sich gerade zum Ende hin durch gegenseitiges Hauen und Stechen auszeichnete. Eigentlich gilt Saleh als Linker, in bestimmten Politikfeldern wie der Innenpolitik tritt er aber auch als Hardliner auf, so fordert der SPD-Fraktionschef beispielsweise mehr Videoüberwachung. Dennoch gilt Saleh als Verfechter von Rot-Rot-Grün, auch auf Bundesebene.
Wie groß die Unzufriedenheit mit der Amtsführung von Saleh zwischenzeitlich war, konnte man im November 2017 lesen. In einem Brief, der auch in den Medien landete, kritisierten 14 Abgeordnete die Führung der Fraktion durch Saleh. Es standen Vorwürfe zur Pressearbeit, Diskussionskultur und der Vertretung der Fraktionsangelegenheiten im Raum. »Lieber Raed, wenn sich die beschriebenen Probleme fortsetzen, wird das Gewinnen von Wahlen für die SPD in weite Ferne rücken«, hieß es in dem Papier, das stellenweise den Charakter einer Abrechnung trug - und bemerkenswerter Weise auch von drei der fünf stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden unterschrieben worden war.
Seit dem Eklat mit dem Brief gab es in der Zwischenzeit intern Gesprächsrunden zu den Vorwürfen. Unter anderem war die Öffentlichkeitsarbeit Thema und der Auftritt in den sozialen Medien. Aber von einer Klärung der Zerwürfnisse kann kaum die Rede sein. »Von Gräben, die gerissen wurden«, ist hinter vorgehaltener Hand immer noch die Rede.
Wegen der Unzufriedenheit kann es sein, dass in der Fraktionssitzung ein Geschäftsordnungsantrag gestellt wird, mit dem die Einführung einer Doppelspitze verbunden ist. In diesem Fall dürfte es sicher auch eine Kandidatin geben, die als Co-Vorsitzende antritt. Dafür bräuchte der Geschäftsordnungsantrag allerdings genug Unterstützerinnen und Unterstützer. Der Kandidat Saleh hat von solchen Plänen angeblich keine Ahnung. »Ich weiß davon nichts«, sagte er vor Kurzem dem »nd«.
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