Dank Lohndrückerei in der ersten Liga

Bei Zalando verdienten die drei Chefs im vergangenen Jahr mehr als die meisten DAX-Vorstände - und ihre Mitarbeiter knapp über Mindestlohn

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 3 Min.

Dass sich die Bezüge von Top-Managern oftmals weit außerhalb nachvollziehbarer Größenordnungen bewegen, ist allgemein bekannt. In der Regel geht es dabei um die Vorstände der großen Aktiengesellschaften, die im Börsenindex DAX gelistet sind. Doch auch in den unteren Etagen wird kräftig abgesahnt. Die drei Ko-Vorstandschefs des Online-Versandhändlers Zalando konnten sich im Jahr 2018 über insgesamt 50 Millionen Euro freuen, der dickste Batzen ging mit 20 Millionen an den Finanzvorstand Rubin Ritter.

Das eigentliche Gehalt der drei Zalando-Gründer von jeweils rund 200.000 Euro pro Jahr spielt dabei kaum eine Rolle. Die Millionenbeträge resultieren aus Aktienoptionen, die es den Vorständen ermöglichen, Anteile des Unternehmens in einem bestimmten Zeitraum zu einem festgelegten Preis weit unter dem Börsenwert zu erwerben und nach einer Haltefrist wieder zu veräußern.

Zwei dieser Optionsprogramme liefen Ende des vergangenen Jahres aus, für die kommenden Jahre wurde ein neues aufgelegt. Im Gegenzug reduzierten die drei Manager ihre Grundvergütungen auf 65 000 Euro pro Jahr. Dies geht aus dem vor einigen Tagen erstmals von dem Unternehmen veröffentlichten Vergütungsbericht hervor. Bislang hatte Zalando von einer Regelung Gebrauch gemacht, durch die sich börsennotierte Unternehmen durch die Eigentümerversammlung von der Berichtspflicht über Managervergütungen befreien lassen konnten. Ab Juni 2019 treten neue Transparenzregeln in Kraft, die dies generell ausschließen.

Zalando gehört zu den Shootingstars des Onlinehandels. Das 2008 gegründete und 2014 an der Börse platzierte Unternehmen verzeichnete eine phänomenale Umsatzentwicklung mit jährlichen Steigerungsraten von bis zu 240 Prozent. Für das Jahr 2018 wurden 5,4 Milliarden Euro ausgewiesen. Die Unternehmensstrategie ist auf Wachstum um jeden Preis ausgelegt, die Gewinne machen sich dagegen sehr bescheiden aus und brachen 2018 auf rund 51 Millionen regelrecht ein. Dennoch entwickelte sich der Aktienkurs trotz einiger Schwankungen kontinuierlich nach oben, obwohl keine Dividende gezahlt wird. Mittlerweile ist Zalando in vielen europäischen Ländern aktiv, die Beschäftigtenzahl hat sich von 2013 bis 2018 von knapp 7000 auf über 15 000 erhöht.

Für die Mitarbeiter in den deutschen Versandzentren hat diese Erfolgsstory allerdings eine bittere Kehrseite. Wie der Branchenprimus Amazon weigert sich Zalando beharrlich, einen verbindlichen Tarifvertrag abzuschließen. Es gibt lediglich betriebliche Vereinbarungen. So erhalten die Mitarbeiter zum Beispiel im Versandzentrum Brieselang (Brandenburg) ab April einen Stundenlohn von 10,84 Euro - was deutlich unter dem Niveau des Einzelhandelstarifvertrags liegt, der nach Auffassung der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di für Tätigkeiten im Versandhandel maßgeblich sein müsste. Auch befristete Verträge und der Einsatz von Leiharbeitern gehören zum Unternehmenskonzept.

Dennoch buhlen Landes- und Kommunalpolitiker intensiv um Zalando-Ansiedlungen in strukturschwachen Regionen und lassen sich dabei in Bezug auf Fördergelder nicht lumpen. Gut für den Aktienkurs, dessen Entwicklung den drei Managern satte 50 Millionen Euro bescherte.

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