Raed Saleh als Berliner SPD-Fraktionsschef bestätigt

41-jährige Sozialdemokrat aus Spandau erhält 66 Prozent der Stimmen und damit deutlich weniger, als noch vor drei Jahren

  • Jérôme Lombard
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Berliner SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh ist in seinem Amt bestätigt worden. Der 41-jährige Sozialdemokrat aus Spandau erhielt 66 Prozent der Stimmen und damit deutlich weniger als noch vor drei Jahren. Im September 2016 war Saleh noch mit 92 Prozent der Stimmen wiedergewählt worden. Für Saleh, der als einzige Kandidat für den Posten angetreten war, stimmten bei der anonymen Wahl von insgesamt 38 SPD-Abgeordneten 25, acht votierten gegen ihn und fünf enthielten sich der Stimme. Saleh zeigte sich nach der Wahl zufrieden: »Ich bin froh und dankbar für das ehrliche Vertrauen meiner Fraktion.« Er könne mit dem Ergebnis gut leben. »Unterstützung und Kritik gehören in einer demokratischen Partei dazu«, sagte Saleh. Es gelte jetzt, gemeinsam an den für Berlin wichtigen Themen zu arbeiten.

Zu einer spontanen Kampfabstimmung, über die im Vorfeld gemunkelt worden war, kam es nicht. Das im Vergleich zu der Wahl von vor drei Jahren überaus schlechte Abstimmungsergebnis zeigt aber, dass Saleh in der Fraktion an Rückhalt verloren hat. Die Wahl-Ohrfeige kam nicht unerwartet: Im Herbst 2017 hatten vierzehn SPD-Abgeordnete einen Brandbrief an Saleh verfasst, indem sie ihm einen schlechten Politik- und Arbeitsstil sowie mangelnde Kommunikation vorgeworfen hatten. Saleh hatte auf die Kritikpunkte reagiert, in dem er die Pressearbeit verbesserte und Workshops durchführte. Seit 2017 ist auch die Idee einer männlich-weiblichen Doppelspitze für die Fraktion im Umlauf, die von einigen Abgeordneten favorisiert wird. Dafür gibt es bislang aber ganz offensichtlich keine Mehrheit in der Fraktion. »Die Doppelspitze war kein Thema in der Fraktionssitzung«, sagte Saleh.

Auch die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden wurden am Dienstag bestimmt. Als Stellvertreter wurden Susanne Kitschun, Ülker Radziwill, Jörg Stroedter, Clara West und Andreas Kugler wiedergewählt. Ebenfalls bestätigt wurde der Parlamentarische Geschäftsführer Torsten Schneider.

Seit dem 1. Dezember 2011 ist Raed Saleh Vorsitzender der Berliner SPD-Fraktion. Er hatte das Amt damals von Michael Müller übernommen, der zunächst Stadtentwicklungssenator und drei Jahre später Regierender Bürgermeister von Berlin wurde. Seither gilt er als zweiter starker Mann der Berliner Sozialdemokratie, der auch bundespolitisch kein Unbekannter ist. Saleh und Müller gelten als parteiinterne Widersacher. In den letzten Monaten war es um die Personalquerelen in der Hauptstadt-SPD allerdings ruhiger geworden. Müller hatte sich aus den Debatten um eine Doppelspitze gänzlich herausgehalten. Angesichts schlechter Wahlumfragen auch in Berlin wollen die Genossen ganz offensichtlich Geschlossenheit demonstrieren. Die Debatte um Parität in der Fraktionsführung wird weiter gehen.

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