- Politik
- Protest gegen Kohleabbau
Kein Dorf soll der Braunkohle weichen
Tausende Menschen wollen gegen die Ausweitung des Garzweiler-Tagebaus demonstrieren
Lange war es relativ ruhig um die Dörfer am Rand des Braunkohletagebaus Garzweiler. Viele Menschen hatten sich mit dem Schicksal abgefunden, dass ihr Zuhause dem Kohleloch weichen muss. Zwar gab es immer Menschen die sich gegen die Zerstörung von Dörfern und Natur eingesetzt haben, aber sie waren wenige und ihr Engagement blieb oft unerwähnt. Das hat sich mittlerweile geändert.
Zehntausende Menschen haben für den Erhalt des Hambacher Forst protestiert und die Fridays for Future Demonstrationen haben den Menschen in Orten wie Kuckum, Ober- und Unterwestrich oder Keyenberg in Nordrhein-Westfalen Hoffnung gegeben. Sie wollen, dass ihre Dörfer erhalten bleiben. Im vergangenen Herbst war schon der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet zu Besuch. Er sprach mit Umsiedlungsbetroffenen und hielt eine Rede bei einem Waldspaziergang. Laschet machte zwar keine Zusagen aber die Hoffnung, dass die Dörfer bleiben wurde größer.
Dörfer sollen dem Tagebau weichen
Mit ihrem Bericht enttäuschte die von Bundesregierung einberufene Kohlekommission die Dorfbewohner dann Ende Januar. Es sei »wünschenswert«, dass der Hambacher Forst erhalten werde hieß es darin. Zu den Dörfern fand sich nichts. In diese Kerbe schlägt auch der Energiekonzern RWE. Das Vorstandsmitglied Lars Kulik verkündete am Donnerstag in der »Aachener Zeitung«, dass der Erhalt des Waldes Milliarden kosten werde. Über die Dörfer am Rand des Tagebaus Garzweiler sagte er, die Umsiedlungen würden »planmäßig und vollständig« durchgeführt. Dass RWE kein Interesse am Erhalt der Dörfer hat, erfuhren die Bewohner in den vergangenen Wochen und Monaten eindrücklich. Neue Pumpstationen, die dem Boden Wasser entziehen, wurden errichtet, Bauarbeiten und Rodungen schritten voran. Das Zeichen des Energiekonzerns ist eindeutig. Wenn es im Tagebau Hambach schon nicht wie geplant weitergeht, dann werden in Garzweiler jetzt Fakten geschaffen.
Gegen diese Fakten wollen am Samstag tausende Menschen auf die Straße gehen. »Mit der Aktion setzen wir uns für den Erhalt aller Dörfer ein«, sagt Barbara Ziemann-Oberherr aus Keyenberg vom Bündnis Alle Dörfer bleiben. Und weiter: »Hier in der Region sind Keyenberg, Kuckum, Ober- und Unterwestrich sowie Berverath bedroht. Es kann nicht sein, dass trotz des Klimawandels immer noch Orte für die Kohle abgebaggert werden. Wir setzen uns gemeinsam und entschlossen für den Erhalt aller Dörfer ein. Wir rufen die Menschen auf, sich mit uns schützend vor die Häuser zu stellen.«
In mehreren Sternenschweifen wollen die Dorf- und Klimaschützer nach Keyenberg ziehen. Der Ort soll bis 2024 dem Tagebau weichen. »Die drohende Abbaggerung ist ein extrem schmerzhafter Prozess für uns. RWE provoziert hier mit gezielten Aktionen eine soziale Spaltung und macht uns das Leben schwer«, so Ziemann-Oberherr weiter. Sie wohnt seit 38 Jahren in Keyenberg. Die Hauptforderung des Bündnis Alle Dörfer bleiben ist, dass alle vom Tagebau gefährdeten Orte erhalten und lebenswert bleiben. Die Menschen, die umsiedeln möchten, sollten weiterhin gehen können, ohne einen Nachteil zu haben.
Der Protest im Rheinischen Revier jedenfalls wird größer. Eine gewichtige Rolle in den kommenden Auseinandersetzungen könnte die katholische Kirche spielen. Initiativen fordern »Die Kirche(n) im Dorf lassen« und wollen, dass die Kirche ihre Grundstücke nicht verkauft. Mehr als 3000 Unterschriften haben sie gesammelt, auch von katholischen Einrichtungen wie dem Katholikenrat der Region Düren oder dem Diözesanrat Aachen. Die Bischöfe aus Aachen und Köln weigern sich allerdings bislang, die Unterschriften entgegenzunehmen.
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