May will EU-Austritt mit eigenem Rücktritt erreichen

Keiner der acht Alternativvorschläge findet Mehrheit im Unterhaus / Brexit-Hardliner wollen für das Abkommen votieren

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London. Mit dem Versprechen eines vorzeitigen Rückzugs will Premierministerin Theresa May das von ihrer Regierung ausgehandelte Brexit-Abkommen doch noch retten. Sie sei bereit, ihr Amt früher aufzugeben, wenn das Unterhaus dem Abkommen mit der EU im dritten Anlauf zustimme, erklärte May am Mittwoch wenige Stunden vor einer Abstimmung über Alternativen zum Brexit-Vertrag. Für keinen der acht Vorschläge gab es eine Mehrheit.

May kündigte an, sich vor den Verhandlungen über die künftigen Beziehungen Großbritanniens zur EU zurückzuziehen. Es gebe den Wunsch nach einem »neuen Ansatz, einer neuen Führung« in der nächsten Brexit-Phase, erklärte May nach Angaben ihres Büros bei einem Treffen mit konservativen Abgeordneten. Sie werde dem nicht entgegenstehen.

Die acht Alternativen, für die es auch keine Mehrheit im britischen Parlament gab

1. Ungeregelter Austritt Großbritanniens aus der EU.

2. Großbritannien tritt der Zollunion der EU befristet bei, bis andere Regelungen gefunden sind.

3. EFTA / EWR - Es sollen für Nordirland und den Rest Großbritanniens jeweilige Sonderregelungen gefunden werden. Eine Zollunion wird mit der EU langfristig abgelehnt.

4. Dauerhafte Zollunion mit der EU.

5.  Labour's alternativer Plan - Zollunion mit der EU und enge Abstimmung bei Fragen des Binnenmarktes.

6. Verbleib in der EU/ Widerruf von Artikel 50 - Wenn Großbritannien die EU ohne Deal verlässt, sollen die Abgeordneten nach wenigen Tagen aufgefordert werden, über den  NO-Deal-Brexit abzustimmen. Lehnen sie diesen ab, soll Artikel 50 zum EU-Austritt gestrichen werden. Damit bliebe das Land in der EU.

7. Zweites Volksbegehren - Die britische Regierung kann kein Verhältnis zur EU festlegen, ohne die Zustimmung der Öffentlichkeit.

8. Malthouse-Plan B - Großbritannien leistet bis 2020 einen Beitrag zum EU-Haushalt. Das soll einen freien Warenverkehr für zwei Jahre zwischen EU und dem Vereinigten Königreich ermöglichen. BBC/nd

Sie sei bereit, ihr Amt zugunsten des Landes und ihrer Partei früher als geplant aufzugeben. »Aber wir müssen das Abkommen durchbringen und den Brexit abschließen«, betonte May. »Ich bitte jeden in diesem Raum, das Abkommen zu unterstützen, so dass wir unsere historische Pflicht erfüllen können: Die Entscheidung des britischen Volkes umzusetzen und die Europäische Union auf geordnete Weise zu verlassen.«

Die Premierministerin sah sich zuletzt mit Rücktrittsforderungen auch aus den eigenen Reihen konfrontiert. Der Abgeordnete Nigel Evans hatte May zuvor aufgefordert, ihren Rückzug anzukündigen, um so doch noch eine Verabschiedung ihres Brexit-Deals im Unterhaus erreichen zu können.

Das Unterhaus hatte das Brexit-Abkommen bereits zweimal mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Einige Kritiker konnte May mit ihrer Rücktrittsankündigung aber offenbar umstimmen. Der frühere Außenminister Boris Johnson kündigte laut Medienberichten an, er wolle nun für Mays Abkommen stimmen. Auch mehrere andere Brexit-Hardliner wollen den Vertrag nun unterstützen.

Am Abend stimmten die britischen Abgeordneten über acht Alternativen für den Brexit-Vertrag ab, die Parlamentspräsident John Bercow aus 16 Anträgen ausgewählt hatte. Dazu gehörten ein harter Brexit, eine Zollunion mit der EU und ein Referendum über einen vom Parlament abgesegneten Austrittsvertrag.

Für keine der Optionen gab es eine Mehrheit. Knapp war es bei der Zollunion sowie bei einem weiteren Referendum. In einer separaten Abstimmung angenommen wurde lediglich die Verschiebung des bisherigen Austrittsdatums am 29. März.

Die Regierung strebt eine weitere Abstimmung über den Brexit-Deal für Donnerstag oder Freitag an. Bercow machte am Mittwoch allerdings erneut deutlich, dass dies nur möglich sei, falls es weitreichende Änderungen an dem Vertrag gebe.

Bercow hatte eine dritte Abstimmung über den Austrittsvertrag verhindert, der zudem kaum Erfolgsaussichten eingeräumt worden wären. Er verwies auf eine Regelung aus dem Jahr 1604, wonach die Regierung einen bereits abgelehnten Text unverändert nicht mehrmals vorlegen darf.

Nimmt das Unterhaus den Brexit-Vertrag von May doch noch an, wird der EU-Austritt des Landes auf den 22. Mai verschoben. Ohne einen Beschluss müsste London die EU bis zum 12. April über das weitere Vorgehen informieren. Konkret geht es um die Entscheidung, ob das Vereinigte Königreich an der Europawahl Ende Mai teilnimmt oder nicht. Bei einer Teilnahme müsste das Austrittsdatum noch einmal verschoben werden.

EU-Ratspräsident Donald Tusk sprach sich am Mittwoch für eine Teilnahme der Briten an der Europawahl aus, sollte das Vereinigte Königreich eine längere Zeit benötigen, um seine »Strategie zu überdenken«. »Sie dürfen die wachsende Mehrheit (der Briten) nicht verraten, die in der Europäischen Union bleiben wollen«, appellierte Tusk vor dem Europaparlament in Straßburg an die Abgeordneten.

Tusk erinnerte in diesem Zusammenhang an die Petition für den Verbleib Großbritanniens in der EU, die von mehr als fünf Millionen Briten unterzeichnet wurde, sowie an die Londoner Massenkundgebung gegen den Brexit vom Wochenende. AFP/nd

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