Rammstein präsentiert sich in KZ-Kleidung

Die Band spielt nicht zum ersten Mal mit Nazi-Ästhetik

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Berlin. Provokation als Programm: In einem neuen Video präsentiert sich die Rockband Rammstein mit Anspielungen auf den Holocaust. Das löst heftige Proteste aus. Häftlinge am Galgen, gelbe Sterne und ein bedrohlicher Sound: Das Video hat scharfe Kritik und Fragen zum Umgang mit Holocaust-Bildern ausgelöst.

Der 35 Sekunden lange Trailer zur neuen Rammstein-Single zeigt vier Band-Mitglieder, deren Kleidung an die von KZ-Gefangenen erinnert. Am Ende des Trailers, den Rammstein auf ihrer Webseite veröffentlichten, ist das Wort »Deutschland« in frakturähnlicher Schrift zu sehen. In lateinischen Buchstaben steht darunter das Datum 28.3.2019. Das komplette Video wollten Rammstein noch am Donnerstag ins Netz stellen.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, erklärte, es gebe zahlreiche Künstler, die sich in ihren Kunstwerken auf eine würdevolle Art mit der Schoa auseinandersetzten. »Wer den Holocaust jedoch zu Marketingzwecken missbraucht, handelt verwerflich und unmoralisch«, sagte Schuster.

Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums nannte den Rammstein-Clip mit Anspielung auf den Holocaust »beschämend«. »Wir schließen uns jenen an, die eine sofortige Löschung fordern«, schrieb er auf Twitter.

Rammstein wollen im Mai erstmals auf Stadion-Tournee durch Europa gehen. Dazu hatte die Band im vergangenen September ihr siebtes Studioalbum angekündigt - zehn Jahre nach »Liebe ist für alle da«.

Im neuen Trailer treten die Musiker mit jeweils einem Strang um den Hals auf. Zu sehen sind auf einigen gestreiften Jacken gelbe Sterne, ähnlich jenen Kennzeichen, die das NS-Regime nach den Nürnberger Rassegesetzen 1935 den Juden aufgezwungen hatte.

Sollten Rammstein mit dem neuen Musikvideo aus dem Holocaust Profit schlagen wollen, wäre das geschmacklos und würde Millionen Menschen verhöhnen, die während der Schoa unsäglich gelitten hätten und auf grausamste Weise ermordet worden seien, sagte Zentralratspräsident Schuster. Von der Band war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Zuerst hatte die »Bild« über das Video berichtet.

Gegen eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Holocaust sei prinzipiell nichts einzuwenden, sagte der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein. »Wenn aber das Video nur zur Provokation und Verkaufsförderung erstellt wurde, um zu skandalisieren und Aufmerksamkeit zu erzeugen, dann wird damit eine rote Linie überschritten.« Das wäre eine geschmacklose Ausnutzung der Kunstfreiheit.

Man müsse abwarten, was die Band in ihrem neuen Album aufgenommen habe. »Sollten es Lieder gegen den Judenhass sein, wäre ich positiv überrascht«, sagte Klein der Deutschen Presse-Agentur. »Wie kommt Rammstein dazu, sich die Rolle der Opfer anzumaßen«, fragte Christoph Heubner, Geschäftsführer des Internationalen Auschwitz Komitees. »Geschmacklos« und ohne jede Empathie für die Holocaust-Überlebenden sei eine solche Form der Darstellung, getrieben von Sensationsgier und dem Schielen nach Verkaufszahlen.

Der Auftritt erinnere ihn an ein Kasperle-Theater, das immer wieder neue Bühnenbilder brauche, so Heubner. »Warum tritt die Band nicht in SS-Uniformen auf und schlüpft in die Rolle jener Männer, die die Hocker am Galgen umstießen?« Das wäre vielleicht eine Möglichkeit zur ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Völkermord.

Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem kritisierte nicht generell den künstlerischen Umgang mit dem Holocaust. Solche Arbeiten dürften aber nicht die Erinnerung an die Schoa verhöhnen und nur der öffentliche Aufmerksamkeit dienen, erklärte ein Sprecher. Künstler sollten respektvoll mit der Erinnerung der Überlebenden umgehen.

Der Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, Karl Freller (CSU), lud die Band in die KZ-Gedenkstätte Dachau ein. »Das Leid und die Unmenschlichkeit des Holocaust verbieten sich für Werbezwecke oder Effekthascherei zur Bekanntmachung von Produkten ganz gleich welcher Art - in diesem Fall wohl ein neues Musikalbum«, erklärte er.

Die Berliner Band hat mit brachialem Rock und martialischen Klängen immer wieder mit Nazi-Ästhetik gespielt. Für das Video zum Song »Stripped« waren Ausschnitte aus Leni Riefenstahls NS-Propagandafilm über die Olympischen Sommerspiele von 1936 zu sehen. Frontman Till Lindemann wies damals Nazi-Vorwürfe zurück. »Wir kommen aus dem Osten und sind als Sozialisten aufgewachsen. Wir waren früher entweder Punks oder Gruftis - wir hassen Nazis!«, sagte er dem Magazin »Rolling Stone«.

Zur letzten Echo-Verleihung vor einem Jahr hatten die Rapper Kollegah und Farid Bang mit Zeilen wie »Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen« eine Diskussion über Antisemitismus in der Popmusik ausgelöst. Nach dem Skandal wurde der Preis abgeschafft. dpa/nd

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