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Abenteuerliche Wege zum Ausstieg aus der Kohle
Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) zweifelt am Zeitplan der Energiewende
Auf eine sehr offenherzige Weise hat Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) den Braunkohleausstieg - mindestens aber den dafür beschlossenen Zeitplan - in Frage gestellt. »Wir gehen abenteuerliche Wege, was die Versorgungssicherheit angeht«, sagte er am Montagabend vor dem brandenburgischen Wirtschaftsforum in Potsdam bezogen auf die Tatsache, dass sich Deutschland gleichzeitig aus der Atomenergie und aus der Braunkohleverstromung zurückziehen wolle.
Einzig gangbarer Ausweg wäre der ersatzweise Neubau von Gaskraftwerken, die in solchen Phasen einspringen müssten, wenn die Umwandlung von Solarenergie und Windkraft in Strom nicht oder nur ungenügend stattfinde, weil die Sonne nicht scheint und der Wind nicht bläst.
Diese in geringerem Umfang allerdings auch Kohlendioxid ausstoßenden Gaskraftwerke müssten spätestens 2023 bereit sein, Strom ins Netz einzuspeisen, doch sei bis dahin einfach nicht mehr genügend Zeit für ihre Errichtung. Denn dazu hätte Brandenburg beim Bau »seit mindestens einem Jahr unterwegs sein müssen«. Der Wirtschaftsminister bezeichnete es als »nicht völlig unwahrscheinlich«, dass die Pfade hin zum Ausstieg zeitlich »angeglichen« werden.
Ein beträchtlicher Anteil der erneuerbaren Energien werde heute »für die Tonne produziert«, weil der so erzeugte Strom für ein punktuelles Überangebot sorgt, das gar nicht genutzt werden könne, fuhr Steinbach fort. Dennoch werde den Erzeugern auch dieser abgeleitete Ökostrom vergütet, denn das sehe das Gesetz nun einmal vor. Steinbach, der vor seiner Vereidigung zum Minister Präsident der Technischen Universität Cottbus-Senftenberg war, empfahl, auf dem Weg hin zu einer CO2-freien Stromerzeugung »eine neue Brücke zu suchen«. Dabei verwies er auf Wasserstoff als Energiequelle, mit der in Asien schon gute praktische Erfahrungen gemacht würden. In Brandenburg habe man dieser viel versprechenden Technologie kaum Beachtung geschenkt. Andere Nachbarn freilich auch nicht, so dass es noch nicht zu spät sei, hierzulande die technische Umsetzung in Angriff zu nehmen.
Steinbach zeichnete das Bild von Windrädern, die in Zeiten eines Überangebots an Strom in ihren Fundamenten Wasserstoff produzieren. Zu dieser Idee gehöre auch die geologische Untersuchung des brandenburgischen Untergrunds, inwieweit er sich zur Speicherung von Wasserstoff eigne.
Wer heute noch Bahnstrecken elektrifiziert, setzt im Grunde auf eine veraltete Technik, ließ Steinbach durchblicken - und pries auch hier Wasserstoff als Lösung des Problems an. Mit Wasserstoff können Fahrzeuge betankt werden. Zur Umsetzung solcher Visionen müsse man aber dem einen oder anderen »auf den Zeh treten«, sagte Steinbach. Er forderte die vor ihm sitzenden Unternehmer zu »mutigen Schritten« auf. »Ja, das wird Geld brauchen.« Leider aber gehöre Risikobereitschaft und Wagnis nicht zu den Lieblingsvokabeln in Brandenburg.
Die Landtagsabgeordnete Heide Schinowsky (Grüne) hatte gerade erst noch einmal daran erinnert, dass die Kohlekommission empfohlen hatte, den Ausstiegspfad jeweils in den Jahren 2023, 2026, 2029 und 2032 noch einmal zu überprüfen. Schinowsky dachte dabei allerdings keineswegs daran, den Ausstieg zu verschieben. Sie verwies vielmehr auf die Möglichkeit, früher als 2038 auszusteigen, eventuell schon 2035. »Ein früherer Kohleausstieg ist unbedingt nötig«, findet die Abgeordnete, denn Deutschland werde sonst seine »auf dem Pariser Klimagipfel verbindlich gemachten Zusagen nicht einhalten können«.
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