Befristeter Hungerstreik

Mitglieder des Widerstandskomitees in Berlin senden ein Zeichen der Solidarität in die Türkei und nach Kurdistan.

  • Svenja Huck
  • Lesedauer: 3 Min.

Seit Freitagvormittag sind sechs Aktivisten auf dem Heinrichplatz in Berlin-Kreuzberg im befristeten Hungerstreik. 72 Stunden lang nehmen sie nur Wasser und Tee zu sich. Die Mitglieder des Widerstandskomitees, das sich Anfang 2018 während der Angriffe des türkischen Militärs auf die nordsyrische Enklave Afrin gegründet hat, wollen ein Zeichen der Solidarität in die Türkei und nach Kurdistan senden. Dort befinden sich rund 7000 Menschen ebenfalls im Hungerstreik - unbefristet.

Die HDP-Abgeordnete Leyla Güven hatte vor über 150 Tagen - damals noch in Haft - mit dieser Aktion begonnen. Die Hungerstreikenden fordern die Aufhebung der Isolationshaft des kurdischen Politikers, Philosophen und Gründers der PKK, Abdullah Öcalan. Dieser wird seit 1999 gefangen gehalten. Seitdem die türkische Regierung nach dem Einzug der linken HDP ins Parlament 2015 den Friedensprozess mit der kurdischen Bewegung abgebrochen hatte, ist jeglicher Kontakt mit Öcalan ausgesetzt worden.

»Unsere Aktion ist ein Zeichen an die Hungerstreikenden selber, aber auch an die Gesellschaft hier in Deutschland, dass sie in Aktion treten muss«, sagt Sarah. »Wir freuen uns, dass viele hier mit uns ins Gespräch kommen, denn unsere Idealvorstellung ist, dass sich die Menschen mit der kurdischen Bewegung und ihrer Ideologie auseinandersetzen.«

Für Sarah und Klara ist der Solidaritäts-Hungerstreik gelebter Internationalismus. »Wir sind dadurch ein Teil des Kampfes und der Revolution in Rojava, die wir auch als unsere Revolution begreifen.«

Um die Streikenden in der Türkei wissen zu lassen, dass ihre Stimmen zumindest auf dem Heinrichplatz gehört werden, ist ein Pavillon aufgebaut worden, vor dem kurdische Musik gespielt wird und Reden gehalten werden. Auch Videobotschaften kann man dort aufnehmen, die in die Türkei geschickt werden. Eigentlich wollten sie einen größeren Stand aufbauen und auch die Nächte draußen verbringen, doch die Berliner Polizei hat das untersagt.

Nach Ansicht der Aktivisten wird die kurdische Bewegung in Deutschland immer stärker unterdrückt, da die Regierung den Flüchtlingsdeal und auch den Waffenexport nicht gefährden möchte. »In der kurdischen Gemeinschaft ist die Resonanz sehr hoch. Es wissen alle über unsere Aktion Bescheid, es geht über alle Twitter-Kanäle«, sagt Sarah.

Die Methode des Hungerstreiks als Protestform ist auch innerhalb der kurdischen Bewegung und der deutschen Linken nicht unumstritten. In den 1990er Jahren haben viele Aktivisten in der Türkei dadurch ihr Leben verloren. Doch Klara findet: »Der Hungerstreik ist die letzte friedliche Protestform, bevor man Gewalt anwendet und es ist sehr stark, sein Leben zu riskieren, um politisch weiterzukommen.« Sarah fügt hinzu: »Leyla Güven und die anderen 7000 Hungerstreikenden haben sich ja schon längst für diesen Weg entschieden, deshalb war unser Impuls, diese Entscheidung anzuerkennen und einen Teil des Weges mit ihnen gemeinsam zu gehen.«

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