Strafender GOT

Vom Zombiedrachen und zynischen Zwerg: die letzte von acht Staffeln »Game of Thrones«

  • Jan Freitag
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Licht am Ende des Tunnels gilt als Hoffnungsschimmer. In Film und Fernsehen sagt man dazu: Happy End. Besonders dort erweist sich dieses Licht am Ende des Tunnels aber zusehends als heranrasender Schnellzug. Mittlerweile sagt man dazu: »Game of Thrones«. Nicht, weil die populärste Erzählung des Serienformats seit der fünften Staffel an Klasse verliert, sondern weil auch im Finale kein gutes Ende zu erwarten ist.

Schließlich weiß man spätestens seit der neunten von 67 Folgen, dass die Unbarmherzigkeit der Produzenten David Benioff und D.B. Weiss einer schier endlosen Steigerungslogik folgt. Damals, am 2. November 2011, fiel dieser Logik Ned Stark brutalstmöglich zum Opfer, was ihm sodann nicht nur sein Henker Joffrey gleich tat, sondern auch Dutzend weitere vermeintliche Hauptfiguren - vom Superhelden Robb bis hin zu Superschurken wie Tywin Lannister, den sein Sohn mit der Armbrust auf dem Scheißhaus erschoss.

»GOT«, wie die Serie blasphemisch abgekürzt wird, dürfte aber auch zum endgültigen Ende hin eher den strafenden Gott spielen. Der Cliffhanger verhieß vor anderthalb Jahren keine Erlösung, als sich zur Armee untoter Barbaren ein Zombiedrache gesellte, der den letzten Schutzwall des Guten gegen die Apokalypse zu Schmelzwasser rinnen ließ.

Nachdem das Böse also Feinde geschlachtet, Freunde gehäutet und Verwandte massakriert hat, nachdem der Winter gekommen ist und mit ihm Folter, Tod und Elend, nachdem alle Hoffnung auf einen zynischen Zwerg, seinem arglistigen Bruder und drei Handvoll Philanthropen lastet, scheint ein Happy End in der achten Staffel noch utopischer als ein gelungener Brexit. Darüber lässt sich jedoch bloß spekulieren. Mehr noch als in den Jahren zuvor macht HBO ein Geheimnis aus dem Milliardenprodukt. Selbst Hauptdarsteller wie Peter Dinklage (Tyrion) und Emilia Clarke (Daenerys), denen man zu Beginn der Serie keine zehn Auftritte vorhergesagt hätte, bekamen ihren Text aus Furcht vor Spoilern erst kurz vor dem Drehstart. Es gab keine Previews, kaum Trailer, nicht mal Handlungsstränge wurden publik.

Immerhin hat Sky, wo Folge 68 am Montag im Morgengrauen anläuft, vorab vermeldet, »die vermeintliche Allianz der Lebenden gegen die Toten ist zum Scheitern verurteilt« und vor allem: »Cersei bleibt Cersei«. Was wiederum nur einer von 1000 Gründen ist, ihr auch in Staffel acht zu verfallen. Denn während Lena Headeys Königin der sieben Königreiche von Westeros in nahezu jeder anderen Serie auf ihr atemberaubendes Äußeres reduziert bliebe, steht sie für das Alleinstellungsmerkmal von »GOT«: Beispiellos starke Frauen einer mittelalterlichen Fantasy-Welt, extrem wandlungsfähige Charaktere, die das anschwellende Chaos der geopolitischen Realität von heute mit sagenhafter Detailversessenheit zu grandioser Fernsehunterhaltung machen. So selbstreferenziell bisweilen auch getötet und gehurt wird, so effektheischend manche Blutfontäne spritzt oder Schädeldecke platzt - »Game of Thrones« ist und bleibt das kreativste Stück soziokulturellen Blockbusterentertainments, seit das alte Fernsehen zum neuen Kino wurde.

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