- Brandenburg
- Braunkohletagebau Cottbus-Nord
Nur eine Pfütze im Ostsee
Nach nur wenigen Tagen wurde die Flutung des Braunkohletagebaus Cottbus-Nord gestoppt
René Schuster von der Grünen Liga hatte es vorhergesagt. »In einem regenarmen Frühjahr die Flutung eines zusätzlichen Tagebausees zu starten, ist völlig unverständlich und allenfalls mit dem Wahlkampf erklärbar«, hatte Schuster gesagt, als Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am 12. April den Startschuss für die Flutung des ehemaligen Braunkohletagebaus Cottbus-Nord gegeben hatte.
Entstehen soll hier im Nordosten von Cottbus nicht die Ostsee, aber der Ostsee. Über Jahren müssen jeweils bis zu 30 Millionen Kubikmeter Wasser aus der Spree in das Restloch eingelassen werden.
Doch es kam schnell, wie es nach Ansicht von René Schuster kommen musste. Nachdem erst 735 000 Kubikmeter Wasser in die Ostsee eingeleitet waren, wurde die Flutung aller Tagebaurestlöcher in der Lausitz am vergangenen Freitag wegen anhaltender Trockenheit und Niedrigwasser in der Spree gestoppt.
Woidke hatte am 12. April und damit weniger als vier Monate vor der Landtagswahl ausgeführt: »Der Beginn der Flutung ist ein Zeichen dafür, dass die Lausitz trotz und wegen der Energiewende eine Region mit Zukunft ist! Für uns ist das Lausitzer Seenland schon längst keine Vision mehr, und auch der Cottbuser Ostsee ist in unseren Gedanken bereits Teil des neuen Erkennungsmerkmals der Lausitz.«
Umweltaktivist Schuster sieht sich nun bestätigt. »Dass diese Flutung nicht lange laufen wird, war schon klar, bevor der Hahn aufgedreht wurde«, sagt er. Nach Überzeugung von Schuster wird sich der Ostsee als Fehlplanung erweisen: »Der große und extrem flache See wird durch riesige Verdunstungsverluste die Wasserbilanz besonders dann belasten, wenn ohnehin wenig Wasser in der Spree ist.« Ein kleinerer und tieferer See hätte dieses Problem zumindest verringert. Doch die Lausitzer Energie AG (LEAG) habe vermutlich die Kosten gescheut. So, wie es jetzt gemacht werde, sei es pro Hektar billiger, »als Kippenflächen nutzbar und standsicher zu rekultivieren«.
Der Ostsee soll im Jahr 2025 eine Fläche von knapp 19 Quadratkilometer bedecken und die Mindesttiefe von 2,70 Meter in seiner Mitte erreichen. Er wäre damit größer als der auch schon riesige Scharmützelsee, der natürlichen Ursprungs ist und als märkisches Meer bezeichnet wird. In der Lausitz entsteht die größte künstliche Wasserlandschaft Deutschlands. Dazu gehört der schon lange geflutete Senftenberger See genauso wie der neue Cottbuser Ostsee. 30 Jahre lang hatte der Tagebau Cottbus-Nord das Kraftwerk Jänschwalde mit insgesamt rund 220 Millionen Tonnen Braunkohle beliefert, bevor er 2015 stillgelegt und seitdem für die Flutung vorbereitet wurde.
Auch die Landtagsabgeordnete Heide Schinowsky (Grüne) hatte den Beginn der Wassereinleitung in das Tagebaurestlochs kritisch gesehen. »Ich bin sehr skeptisch, ob ausreichend Wasser für eine ab jetzt kontinuierliche Flutung des Ostsees vorhanden ist«, hatte sie gesagt. Denn seit einiger Zeit liege der tägliche Durchfluss der Spree bei Cottbus lediglich bei rund acht Kubikmeter pro Sekunde, normal wären jedoch zwölf Kubikmeter.
Die Lausitzer Energie AG reagiert gelassen. »Die LEAG hat in ihren Prognosen solche Phasen bereits ausreichend mit eingeplant, so dass sich am Flutungszeitraum von fünf bis sechs Jahren dadurch nichts ändert«, erklärt Ingolf Arnold, im Energiekonzern Chef der Abteilung Geotechnik. Die Spree fließt insgesamt nicht sehr schnell. Bereits seit Mitte April wurden 1,4 Millionen Kubikmeter Wasser aus der Talsperre Spremberg abgelassen, damit die Spree und andere Flüsse in der Region in Bewegung bleiben. Noch sei die Lage aber nicht dramatisch, sagte Kurt Augustin, verantwortlicher Abteilungsleiter im Landesumweltamt. Am Montag sollte sich im Umweltamt die Arbeitsgruppe Niedrigwasser treffen, um die Lage zu bewerten.
Die Landtagsabgeordnete Anke Schwarzenberg (LINKE) hat als Ingenieurin in der Rekultivierung von Tagebauen gearbeitet, bevor sie 2014 ins Parlament einzog. Sie erinnert sich: »Dass dort ein See entsteht, war schon geplant, als der Tagebau in den 1980er Jahren aufgeschlossen wurde.« Generell sei es so, dass bereits vor dem Fördern der Braunkohle festgelegt werden müsse, was später mit dem Restloch geschehe. Die technologischen Entscheidungen sind demnach bereits zu DDR-Zeiten gefallen. An eine Änderung entsinnt sich Schwarzenberg allerdings. Der Ostsee war einst als Wasserspeicher ins Auge gefasst. Der dann veränderliche Wasserspiegel hätte aber die touristische Nutzung erschwert. Denn Bootsstege könnten dann mal unter Wasser liegen und mal auf dem Trockenen stehen. mit dpa
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