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Lauinger kannte Beschwerden gegen Staatsanwalt nicht
Thüringer Parlament fühlte Justizminister wegen politisch strittiger Verfahren auf den Zahn
Mehrere Stunden lang haben die öffentlich erhobenen Vorwürfe gegen den Geraer Staatsanwalt Martin Zschächner Abgeordnete des Thüringer Landtages beschäftigt: zunächst in einem Koalitionsarbeitskreis von LINKEN, SPD und Grünen und kurz darauf noch einmal im Justizausschuss des Parlaments. Thüringens Justizminister Dieter Lauinger (Grüne) musste dabei am Freitag in Erfurt auf Fragen von Abgeordneten antworten, die sich um den Juristen Zschächner drehten, dem seit Wochen vorgehalten wird, politisch motivierte Verfahren gegen echte oder vermeintliche Linke geführt zu haben; während er mutmaßlich rechtsmotivierte Verfahren weniger intensiv betrieben habe. Nach Angaben von Sitzungsteilnehmern wies Lauinger alle Vorhalte zurück, er und sein Ministerium hätte die Arbeit des Mannes viel früher kritisch untersuchen müssen als dies letztlich geschah.
Von den schon vor Monaten gegen Zschächner eingereichten Dienstaufsichtsbeschwerden habe das Justizministerium nichts gewusst, bis diese jüngst öffentlich thematisiert wurden, sagte Lauinger den Angaben zufolge. Solche Beschwerden würden immer vom zuständigen Behördenleiter und bei Bedarf durch die Generalstaatsanwaltschaft bearbeitet. Erst wenn es gegen die Entscheidungen dieser Instanzen weitere Beschwerden gebe, würden solche Angelegenheiten ans Ministerium gelangen. Die Dienstaufsichtsbeschwerden gegen den umstrittenen Staatsanwalt seien aber Lauinger zufolge nie so weit gekommen. Zwei Dienstaufsichtsbeschwerden, auf die er im Ausschuss näher einging, seien durch den Leiter der Staatsanwaltschaft Gera zurückgewiesen worden. Darunter sei auch die Beschwerde der Thüringer LINKE-Fraktionsvorsitzenden Susanne Hennig-Wellsow gegen die von Zschächner beantragte Durchsuchung einer Immobilie in der Erfurter Innenstadt gewesen, in der sie ihr Abgeordnetenbüro hat.
Gleichzeitig erklärte Lauinger demnach, die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft prüfe vier Verfahren, die Zschächner führte, auf mögliche Fehler. Es handele sich um die Verfahren, die zuletzt die größte mediale Aufmerksamkeit erfahren hatten. Die Justiz habe nicht ausreichend Personal, um alle Akten noch einmal zu öffnen, die von dem Mann bearbeitet wurden.
Zu den vier Fällen, die die Generalstaatsanwaltschaft nun also näher untersucht, gehöre unter anderem ein Verfahren wegen des Singens des sogenannten U-Bahn-Liedes 2017 in Jena während einer AfD-Demonstration, hieß es. Damals hatten mehrere Teilnehmer gesungen, sie wollten eine U-Bahn von der seit Langem gegen Rechtsextreme arbeitenden Jungen Gemeinde der Stadt nach Auschwitz bauen. Das sich darauf folgende Ermittlungsverfahren hatte Zschächner eingestellt. Auch das Agieren Zschächners im Zusammenhang mit einem Verfahren gegen Jenas linken Stadtjugendpfarrer Lothar König wegen Beleidigung werde geprüft.
Zschächner hatte die inzwischen eingestellten Ermittlungen gegen das Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) wegen des Verdachts auf Bildung einer kriminellen Vereinigung angestoßen. Vor dem Justizausschuss erneuerte Lauinger seine Kritik an diesem Verfahren - nicht wegen der Ermittlungen selbst, sondern weil Zschächner dieses Verfahren nach Darstellung Lauingers 16 Monate lang offen hielt, ohne konkrete Ermittlungsschritte einzuleiten.
Zschächner war vorläufig von seinen bisherigen Aufgaben entbunden worden - was nach Worten Lauingers eine dauerhafte Versetzung bedeutet. Die Entscheidung, ob Zschächner erneut Staatsschutzdelikte bei der Strafverfolgungsbehörde in Ostthüringen bearbeiten kann, trifft nach Auskunft Lauingers der Leiter der Staatsanwaltschaft Gera.
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