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Die Richtung steht zur Abstimmung
Bernd Riexinger pocht im Wahlkampf für die anstehenden Europawahl auf ein soziales und solidarisches Europa
In der öffentlichen und medialen Wahrnehmung kommt der Europa-Wahlkampf eher langweilig und etwas dröge daher. Zu Recht wird bemängelt, dass es den Wahlkampagnen an klaren Parolen und Botschaften und damit an der nötigen Polarisierung fehlt. DIE LINKE wird meistens von dieser Kritik ausgenommen.
In auffälligen Kontrast dazu steht, dass in einigen Ländern in Europa, darunter auch Deutschland, laut wahrnehmbare soziale und ökologische Bewegungen ihre Stimme erheben und Zehntausende oder gar Hunderttausende von Menschen auf die Straße bringen. Die freitäglichen Schulstreiks einer neuen Generation von Klimaaktivistinnen und -aktivisten lassen keinen Zweifel, dass die Rettung des Planeten die größte Aufgabe unserer Zeit ist, die keine taktischen Kompromisse duldet. So hat die beeindruckende Demonstration unteilbar den Kampf gegen Rassismus und für soziale Gerechtigkeit zusammengebracht. Die Initiative Seebrücke hat eine Diskussion über sichere Fluchtwege nach Europa und einen humanen Umgang mit geflüchteten Menschen angestoßen. Die Kampagne gegen Pflegenotstand hat in etlichen Bundesländern erfolgversprechende Volksbegehren initiiert und Beschäftigte bei ihren Tariferfolgen in einigen Krankenhäusern und Kliniken unterstützt. Selbst die Bundesregierung musste aufgrund des öffentlichen Drucks erste gesetzliche Schritte für eine bessere Personalausstattung in Gesundheit und Pflege einleiten.
Schließlich organisieren sich deutschlandweit Mieterinnen und Mieter, um gegen den Mietenwahnsinn zu protestieren und Maßnahme gegen die Immobilienspekulation einzufordern. Das jüngst gestartete Volksbegehren »Deutsche Wohnen & Co. enteignen« in Berlin veranschaulicht, dass es sich um eine moderne Form des Klassenkampfs handelt, bei dem die Eigentumsfrage zentral ist. Auch die Streikbereitschaft hat im eher streikarmen Deutschland in den vergangenen Jahren zugenommen. Außerdem verzeichnen die Ostermärsche einen Zuwachs an Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Nicht zu vergessen sind die immer noch anhaltende Gelbwestenproteste in Frankreich oder die Demokratiebewegungen in Ungarn oder Polen.
Über diese Bewegungen werden wichtige Debatten über zentrale Zukunftsfragen angestoßen und geführt, die für die weitere gesellschaftliche Entwicklung in Europa große Bedeutung haben. Es wird offensichtlich, dass der Markt und die Forcierung des Wettbewerbs weder geeignet sind, die Klimafrage zu lösen noch die soziale Polarisierung zu beenden. Die ungehemmte Profitmaximierung der Konzerne stößt an die Grenzen der ökologischen Verträglichkeit und steht im Widerspruch zu den sozialen Interessen der meisten Menschen. Kohleausstieg, nachhaltige Mobilitätswende, soziale Mindeststandards, gute Arbeit und auskömmliche Löhne, bezahlbare Wohnungen, ausreichende Investitionen in Bildung, Erziehung, Gesundheit, gerechte Steuern - all das ist in der Regel nur gegen mächtige wirtschaftliche Interessen und gegen den Mainstream der vorherrschenden Politik durchsetzbar.
Im Grunde deuten die Bewegungen die Richtungsauseinandersetzung für die Zukunft Europas an. Die Konservativen und Liberalen wollen sich weiter so durchwursteln und stehen für eine gefährliche Perspektivlosigkeit. Die Rechten und Rechtsradikalen setzen dem ihre Vorstellung eines autoritären Kapitalismus entgegen, in dem der Abbau von Demokratie mit gleichzeitiger neoliberaler Politik verbunden werden.
Die LINKE setzt dagegen eigene Alternativen und macht Hoffnung auf ein soziales und solidarisches Europa. Dazu gehören höhere Mindestlöhne, soziale und tarifliche Regulierung der Arbeitsbeziehungen, soziale Garantien, ein ambitioniertes Investitionsprogramm sowie die Stärkung des Klimaschutzes.
Auf die Neuorientierung der US-Außenpolitik von Präsident Donald Trump reagiert die EU mit eigenen Aufrüstungsprogrammen, verstärkter militärischer Zusammenarbeit und dem Aufbau einer eigenen Interventionsarmee. Gleichzeitig ist die EU einer der größten Akteure bei den Waffenexporten. Dem setzt die Linkspartei ein Konzept der Abrüstung und präventiver Friedenspolitik entgegen. Die LINKE ist bereit, die Positionen der fortschrittlichen sozialen und ökologischen Bewegungen aufzugreifen und für ein besseres, soziales und friedliches Europa zu kämpfen.
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