Unter Druck am besten
Leon Draisaitl führte das deutsche Eishockeyteam bei der WM zum Sieg gegen die Slowakei
Zum ersten Mal bei dieser Weltmeisterschaft war Leon Draisaitl ziemlich glücklich. Lachend und offensichtlich stolz kam Deutschlands Weltklassestürmer nach seiner bislang größten WM-Tat vom Eis und erklärte - für seine Verhältnisse überschwänglich - seine Glücksgefühle. »Das hört sich überragend an. Vier wirklich tolle Mannschaftsleistungen. Alle Jungs ziehen an einem Strang. Es macht wirklich Spaß, Teil dieser Mannschaft zu sein«, sagte der 23 Jahre alte Star der deutschen Eishockeynationalmannschaft.
Diesen Status untermauerte Draisaitl beim 3:2 (0:0, 1:2, 2:0) am Mittwochabend im Schlüsselspiel der Vorrundengruppe A gegen die Gastgeber aus der Slowakei eindrucksvoll. 27 Sekunden vor dem Ende schoss der NHL-Stürmer der Edmonton Oilers Deutschland mit einer genialen Aktion zum vierten Sieg im vierten Spiel und fast sicher vorzeitig ins Viertelfinale.
»Er kann es halt einfach«, sagte NHL-Verteidiger Korbinian Holzer aus Anaheim zur Aktion des Spiels, bei der Draisaitl all seine Klasse mit nur einem Schuss dokumentierte. Gestochen scharf schlug der Puck genau in dem Moment in der kurzen Ecke ein, als Torhüter Marek Ciliak auch nur eine minimale Lücke anbot. »Darum hat er 50 Tore in der NHL geschossen. Er braucht nicht viel Raum, um etwas Besonderes zu machen. Da konnte man wieder sehen, welch besonderer Spieler er ist«, sagte Holzer über den zweitbesten Torschützen der NHL-Hauptrunde.
Das Besondere lag nicht nur an der beeindruckenden Präzision, sondern vor allem auch im Augenblick. Der deutsche Sieg war mit Abstand der wichtigste in allen bisherigen vier Spielen bei dieser Weltmeisterschaft. Dass er noch in der regulären Spielzeit fiel, war entscheidend. Bei einem Erfolg in der Verlängerung oder dem Penaltyschießen hätte Deutschland trotz des besten WM-Starts seit 89 Jahren noch sehr viel mehr ums Viertelfinale bangen müssen. Doch auf Draisaitl war Verlass. »Dass Leon mit der Einzelleistung trifft, spricht dann auch wieder für seine Klasse«, sagte Holzer.
Dass Draisaitl ein besonderes, im deutschen Eishockey lange nicht mehr vorhandenes Talent hat, ist seit Jahren offensichtlich. »Der Leon sieht auf dem Eis viel - viel mehr als 99 Prozent der Eishockeyspieler auf der Welt«, schwärmte Mitspieler Markus Eisenschmid, der den Ausgleich zum 2:2 in der 59. Minute besorgt hatte. Hinzu kommt nun Draisaitls Eigenschaft, die echte Stars auszeichnet: Im entscheidenden Moment den Unterschied auszumachen. Selbst dann, wenn sonst nicht alles gelingt. Da ist kein Hadern. Gegen die Slowakei war Draisaitl wieder auffälligster Mann - das lag aber auch an einigen Stockfehlern. »Bis dahin habe ich eigentlich nicht wirklich was Gutes hinbekommen. Da habe ich mir gedacht, eine gute Aktion muss ich noch irgendwie zustande bringen«, meinte Draisaitl.
Zum WM-Auftakt gegen Großbritannien (3:1) hatte er vor dem Gegentor böse gepatzt. Darauf angesprochen reagierte er irritiert: »Wer, ich?« Gespielt ist das nicht. Draisaitl agiert auf dem Eis weiter, als habe er das sofort vergessen. »Passiert«, presste er zu seinem Fehler in der Gewissheit hervor, später den 3:1-Endstand besorgt zu haben. »Unter Druck habe ich immer schon am besten performt«, hatte Draisaitl bereits vor der WM gesagt und angekündigt, Anführer im Team sein zu wollen: »Wenn ich dabei aber derjenige sein muss, der voran geht, dann mache ich das natürlich sehr gerne. Denn ich glaube, dass das unserer Mannschaft am meisten hilft.« Spätestens am Mittwoch stellte er dies eindrucksvoll unter Beweis. dpa/nd
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