Anlass für Verschwörungstheorien

Dass der Urheber des Strache-Videos unerkannt bleibt, könnte der FPÖ am Ende nutzen

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Jan Böhmermann weiß sich zu vermarkten. Am Montag startete der Satiriker eine Website, auf der für Mittwochabend die Veröffentlichung eines Videos angekündigt wurde. Geschickt deutete Böhmermann via Twitter an, der Clip könnte Aufklärung darüber bringen, wer hinter dem sogenannten Strache-Video steckt, das in Österreich eine Regierungskrise auslöste. Dass der Satiriker mehr weiß, ist sicher: Bereits im April hatte Böhmermann bei der Romy-Preisverleihung rückblickend relativ genau beschrieben, was in dem erst seit vergangenen Freitag öffentlich bekannten Aufnahmen zu sehen ist. Sein Manager Peter Burtz erklärte am Wochenende, Böhmermann kenne das Video schon länger, sei aber nicht der Urheber.

Wer für die Aufnahmen in der Villa auf Ibiza verantwortlich ist, bleibt ein Rätsel. Der Satiriker veröffentlichte am Mittwochabend dann auch keine neuen Erkenntnisse, sondern ein Musikvideo, in dem er gemeinsam mit anderen internationalen Künstlern über Europa singt. Ein PR-Coup für Böhmermann, aber keine Aufklärung in der Sache.

Während es anfangs die politische Rechte und allen voran die betroffene FPÖ war, die nicht über den Inhalt, wohl aber unter Androhung juristischer Kosequenzen über die unbekannten Urheber sprechen wollte, interessieren sich inzwischen auch Journalisten unter medienethischen Gesichtspunkten für den Fall. Auf Freitag.de erklärt der Journalist Wolfgang Michal, dass im »Zeitalter der professionellen Beeinflussungsstrategien auch die Fragen nach den Urhebern und ihren Motiven zunehmend an Relevanz« gewinne.

Letztlich nutze es der FPÖ politisch sogar, dass die Urheberschaft unklar bleibt. »Die Erzählung von der Verschwörung, möglicherweise mithilfe internationaler Geheimdienste, verfängt in Österreich bereits massiv«, konstatiert die Wiener Journalistin Barbara Tóth im Interview auf ipg-journal.de. So verbreitete selbst Österreichs Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) das Gerücht, hinter dem Video könnte der umstrittene Politikberater Tal Silberstein stecken, den die SPÖ im Wahlkampf für die Nationalratswahlen 2017 engagiert hatte, dann aber entlassen musste, weil er gezielt Falschinformationen über den politischen Konkurrenten Kurz verbreiten ließ. Belege dafür gibt es keine, genauso wenig wie für die Theorie, hinter den Aufnahmen könnte die Künstlergruppe vom »Zentrum für politische Schönheit« stecken. »Um das dunkle Geraune, das den Inhalt des Videos bereits zu überdecken droht, zu verhindern, ist es in Medien- und Leaking-Gesellschaften wie unseren notwendig, die Bürger wissen zu lassen, wer was in welcher Form und wann mit welcher Absicht an die Öffentlichkeit lanciert«, fordert Michal.

Dass sich der Urheber nicht freiwillig offenbart, dürfte auch mit der rechtlichen Situation zu tun haben. »Spiegel« und »Süddeutsche Zeitung«, die den Skandal an die Öffentlichkeit brachten, haben juristisch nichts zu befürchten, weil sie die heimlichen Aufnahmen lediglich veröffentlichten. In der Regel strafbar ist dagegen die Anfertigung des Materials, insbesondere der Tonaufnahmen. Ohne diese wäre das Strache-Video allerdings nutzlos gewesen.

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