Mit Tempo 200 in die Lausitz

Kabinette von Sachsen und Brandenburg sprachen über die Zukunft des Braunkohlereviers

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Dienstagmorgen vor dem Schloss Hoyerswerda stellten sich die Minister von Brandenburg und Sachsen für ein Gruppenbild zusammen. Gegen Mittag informierten die Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) beziehungsweise Michael Kretschmer (CDU) darüber, was bei der gemeinsamen Sitzung beider Kabinette herausgekommen ist.

Das Bundesland und der Freistaat rufen die Jugend dazu auf, die Heimat nicht zu verlassen. Speziell in der Lausitz sollen sie eine Perspektive haben - auch nach dem Ausstieg aus der Braunkohle, der spätestens im Jahr 2028 erfolgen soll.

Prognosen zufolge werden zwar 14 000 oder mehr Arbeitsplätze wegfallen, die direkt oder indirekt von den Tagebauen und Kraftwerken abhängen. Trotzdem zeichnet sich ein Fachkräftemangel ab, der eventuell eine größere Gefahr für das Revier darstellt als der Kohleausstieg.

Auch eine in der vergangenen Woche präsentierte Lausitz-Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung kam zu diesem Ergebnis. Projektleiter Axel Troost wies extra drauf hin, dass Infrastrukturprojekte wie eine bessere Bahnverbindung nach Berlin wichtig sind, aber nicht alles sein können. Von den 40 Milliarden Euro, die der Bund als Anpassungshilfe für die vom Kohleausstieg betroffenen Bundesländer zur Verfügung stellen will, soll die Zivilgesellschaft nach Ansicht von Troost für ihre Projekte einen ordentlichen Anteil bekommen.

Die Niederlausitz gehört zu Brandenburg, die Oberlausitz zu Sachsen. »Mit dem geplanten Kohleausstieg leistet die Lausitz noch einmal einen großen Beitrag zu unseren Klimazielen«, erklärte Sachsens Ministerpräsident Kretschmer am Dienstag. »Das wird aber wirtschaftlich und gesellschaftlich nur erfolgreich gelingen, wenn wir die Lausitz zu einer Zukunftsregion mit neuen, guten Arbeitsplätzen in Industrie und Dienstleistung, Forschung und Verwaltung machen.« Sachsen und Brandenburg wollen dabei an einem Strang ziehen. »Im Fokus stehen für uns zuerst Infrastrukturprojekte, damit die Region besser und schneller angebunden wird«, sagte Kretschmer.

Das Land Brandenburg dringt »besonders auf Wissenschaft und Forschung und den Ausbau der Schienenwege«, wie Ministerpräsident Woidke sagte. Er rief den Bund dazu auf, alle der Republik Polen gemachten Zusagen zu grenzüberschreitenden Bahnstrecken einzuhalten. Die Strecken von Berlin über Cottbus, Weißwasser und Görlitz und weiter nach Wrocław müsse so schnell wie möglich durchgehend elektrifiziert und durchgehend zweigleisig so ausgebaut werden, dass die Züge auf der gesamten Strecke mit Tempo 200 unterwegs sein können.

Weiterhin soll es auch in ländlichen Gegenden schnelles Internet via Breitbandkabel geben, und die Einführung des neuen Mobilfunkstandards 5G soll vorangetrieben werden. Der Bund müsse sich jeweils um die Finanzierung kümmern, wird verlangt. Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) nahm an der gemeinsamen Kabinettssitzung teil und beteuerte, dass der Strukturwandel in der Lausitz für den Bund »allergrößte Priorität« besitze.

Die Länder stellen aber nicht nur Forderungen an den Bund. In Hoyerswerda unterzeichneten die Wirtschaftsfördergesellschaften Sachsens, Brandenburgs und der Lausitz eine Kooperationsvereinbarung. Damit nicht genug. Sachsen und Brandenburg möchten in der Lausitz ein Kunstfestival etablieren. Außerdem sind sie bereit, gemeinsam mit dem Bund rechtzeitig ein neues Abkommen abzuschließen, dass von 2021 an die Finanzierung der Stiftung für das sorbische Volk sicherstellt. Derzeit erhält die Stiftung der kleinen slawischen Minderheit - sie hat in der Lausitz ihr angestammtes Siedlungsgebiet - pro Jahr 6,2 Millionen Euro von Sachsen, 3,1 Millionen von Brandenburg und 9,3 Millionen vom Bund.

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