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  • Fußball-WM der Frauen

Ein Tor, das doppelt erleichtert

Deutschland zieht ins WM-Achtelfinale ein. Ebenso wichtig: Anführerin Popp trifft endlich

  • Frank Hellmann, Montpellier
  • Lesedauer: 3 Min.

Auch die deutschen Nationalspielerinnen wissen nur allzu gut, dass ihnen eine WM sonst kaum gewährte Möglichkeiten bietet. Eine kleine Geste kann hier große Wirkung entfalten. Kaum jemand der vielen deutschen Fans unter den 15 502 Zuschauern im Stade de la Mosson von Montpellier hatte mitbekommen, mit welcher spontanen Geste Alexandra Popp ihren schulmäßigen Kopfball zum 3:0 gegen Südafrika gefeiert hatte. Klar, ihr Jubellauf und das Abklatschen mit den Ersatzspielerinnen blieb niemandem verborgen, aber dass die Kapitänin kurz den rechten Zeigefinger gen Himmel führte und mit der linken Hand einen imaginären Telefonhörer ans Ohr führte, konnten nur die Fernsehkameras erspähen.

Was die 99-fache Nationalspielerin genauso gewollt hatte. »Das war ein Zeichen für meine Familie und Freunde - wie E.T. nach Hause telefonieren«, erzählte sie nach dem 4:0-Sieg zum Abschluss der Vorrunde. Die 28-Jährige war begehrt und redete immer noch, als die Pressekonferenz mit Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg bereits begann. Dort hätte sich die deutsche Nummer sicherlich gern mal in die letzte Reihe gesetzt, denn es gab viele lobende Worte zu hören. »Poppi ist eine Spielerin, die permanent alles probiert. Sie kämpft um ihre Tore, sie sieht sich als Stürmerin in der Pflicht und in der Verantwortung, Tore zu erzielen«, erklärte die Trainerin. Auch bei Voss-Tecklenburg war viel Erleichterung herauszuhören, nachdem ihre Anführerin anfangs selbst aus kurzer Entfernung das leere Tor verfehlt hatte.

Dabei wurden Popp eigens vor dem Spiel die Aktionen gezeigt, »in denen sie entscheidend an unseren Toren beteiligt ist«, wie Voss-Tecklenburg erklärte. Die Cheftrainerin und die Chefin - Popp ist erstmals als Spielführerin in ein Turnier gegangen - eint ein ganz enges Vertrauensverhältnis: Die gebürtige Duisburgerin und die Gevelsbergerin funkten schon auf einer Wellenlänge, seitdem Voss-Tecklenburg vor mehr als zehn Jahren Popps erste Profitrainerin beim FCR 2001 Duisburg war. »Sie ist die beste Trainerin, die ich hatte - und jetzt wieder habe«, sagte Popp.

Doch die gegenseitige Wertschätzung würde zum Bumerang, wenn die Stürmerin vor dem gegnerischen Tor ohne Wirkung bliebe. Beim VfL Wolfsburg bilden oft Pernille Harder, Caroline Hansen und Ewa Pajor den Angriff, während Popp im defensiven Mittelfeld schuftet. Voss-Tecklenburg lässt sie dagegen vorn spielen, obwohl mit Klara Bühl und Lea Schüller weitere Sturmtalente im Kader sind. Die Bundestrainerin will sich nicht dem Vorwurf aussetzen, Popp den anderen aus Freundschaft vorzuziehen.

Daher bedeutete Popps 47. Länderspieltor in Montpellier ein doppelt wichtiges Zeichen für Trainerin und Torjägerin. »Es ist toll, dass sie so ein wunderbares Tor gemacht hat. Wir brauchen diese Präsenz im Strafraum und diese Qualität im Kopfball. Das ist eine nur schwer zu verteidigende Waffe«, sagte Voss-Tecklenburg. Unbestritten ist, dass Popp immer in Sachen Einsatzbereitschaft vorangeht. Vielleicht taugt sie deshalb perfekt als Symbolfigur, denn ohne kollektiven Kampfgeist können die spielerischen Defizite nicht übertüncht werden. Dieser Verantwortung stellt sich Popp: »Wir sind relativ jung, auch noch ein bisschen unerfahren. Aber es macht viel Spaß, mit dieser verrückten Mannschaft zusammenzuspielen.«

Frohnatur Popp, die einst im Tierpark Essehof eine Ausbildung zur staatlich geprüften Zoo-Tierpflegerin gemacht hat, war so gut gelaunt, dass sie beim Aussteigen aus dem Bus nach der Rückkehr ins Mannschaftshotel Kölner Karnevalslieder trällerte. Die Stimmungskanone dürfte nun im Achtelfinale in Grenoble am kommenden Samstag ihr 100. Länderspiel bestreiten dürfen. Und wenn ihr noch ein Treffer gelingt, hätte sie sogar in der ewigen DFB-Torschützinnenliste mit Silvia Neid gleichgezogen. In dem Fall stünde sicher ein weiteres Telefonat mit Zuhause an.

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