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Christen, die keine Garnisonkirche wollen
Resolution beim Evangelischen Kirchentag benötigt 1500 Unterschriften gegen das Potsdamer Bauprojekt
Stück für Stück, Ziegelstein für Ziegelstein wächst in Potsdam der Turm der Garnisonkirche nun langsam gen Himmel. 90 Meter hoch soll er werden. Im Oktober 2017 ging es los auf der Baustelle. Inzwischen konnte die erste Zwischendecke gegossen werden. Selig können die Befürworter des umstrittenen Wiederaufbaus aber noch lange nicht sein, denn die Gegner geben ihren Widerstand nicht auf.
Für den Evangelischen Kirchentag vom 19. bis zum 23. Juni in Dortmund reichte die Martin-Niemöller-Stiftung eine Resolution »Christen brauchen keine Garnisonkirche« ein. »Anders als in Dresden bei der Frauenkirche findet der Bauversuch der Garnisonkirche Potsdam auch nach 15 Jahren kaum Anklang«, heißt es darin. »Die Stiftung Garnisonkirche ist gut beraten, die mangelnde Spendenbereitschaft als Signal anzuerkennen, vom Rekonstruktionsvorhaben Abstand zu nehmen.«
Die Resolution fordert von Altbischof Wolfgang Huber - er ist Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung Garnisonkirche - die Namen aller Spender offenzulegen. Wer seine Identität nicht offenlegen wolle, dessen Spende werde nicht angenommen beziehungsweise der erhalte seine eingezahlte Summe zurückerstattet, wird vorgeschlagen. Begründet wird dies so: »Bei einem derart exponierten und gerade in rechtsradikalen Kreisen hoch favorisierten Bauprojekt kann aus demokratiepolitischen Gründen Anonymität nicht akzeptiert werden.«
Weiterhin verlangt die Resolution die zeitnahe Rückzahlung der von der evangelischen Kirche gewährten Darlehen in Höhe von 4,75 Millionen Euro durch die Stiftung Garnisonkirche. Der Wiederaufbau der 1945 bei einem Bombenangriff ausgebrannten und 1968 gesprengten Kirche soll nicht weiter finanziert werden, auch nicht durch den Bund, der bereits zwölf Millionen Euro spendierte.
Nach Einschätzung der Niemöller-Stiftung besteht eine Finanzierungslücke von mehreren Millionen Euro. »Eine Insolvenz der Stiftung Garnisonkirche erscheint möglich.« Es dürfe nicht dazu kommen, dass die evangelische Kirche ihr Geld verliere oder die Darlehnssummen stillschweigend zu Schenkungen werden.
Im Zusammenhang mit der Resolution verbreitet die Niemöller-Stiftung eine Stellungnahme des Architekturprofessors Philipp Oswalt. Darin heißt es: »Die Betreiber des Wiederaufbaus versuchen nicht nur, eine kritische Auseinandersetzung zu unterbinden, sie schreiben Kirchengeschichte um und betreiben damit einen Geschichtsrevisionismus. Sie erzählen eine den historischen Fakten widersprechende dreifache Opfergeschichte der Kirche: Die Kirche sei Opfer von Nationalsozialismus, Krieg und DDR-Diktatur gewesen und ein Ort des Widerstands im NS-Regime. Fast nichts davon ist wahr.« Das Bauprojekt sei keineswegs immun dagegen, von rechts in Anspruch genommen zu werden, es sei anschlussfähig nach rechts bis hin zu einem »modernisierten Rechtsradikalismus«.
Es gebe faktisch nur eine Möglichkeit, die Resolution zu beschließen, erläutert Claudia Sievers von der Martin-Niemöller-Stiftung. Von den 100.000 Besuchern, die beim Kirchentag in Dortmund erwartet werden, müssen mindestens 1500 unterschreiben. Gelegenheit dazu bestehe beim Kirchentag am Stand der Niemöller-Stiftung in Halle 4, B 29. Kommen 1500 Unterschriften zusammen, so wäre dies ein starkes Signal, schätzt Sievers ein. Altbischof Huber wäre jedoch nicht verpflichtet, auf die Forderungen einzugehen.
Immerhin sichert die Pressereferentin der Garnisonkirchen-Stiftung etwas zu, allerdings mit Einschränkungen. Friederike Kranke sagt: »Eine mögliche Resolution, die hoffentlich den formalen Kriterien des Kirchentags entspricht und auf falsche oder nicht überprüfbare Behauptungen sowie auf Beleidigungen verzichtet, werden Stiftung und Fördergesellschaft ernst nehmen.«
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