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Bisher viel richtig gemacht
Die deutschen Fußballerinnen erreichen auch ohne spielerischen Glanz das WM-Viertelfinale
Um sich vom faszinierenden Panorama der französischen Alpen einen Überblick zu verschaffen, bietet sich in Grenoble die Gondelfahrt auf die Bastille an. Auch das deutsche Fußballnationalteam der Frauen hat kürzlich genau diesen touristischen Abstecher unternommen, wobei ein schöner Schnappschuss von Martina Voss-Tecklenburg entstand: die Bundestrainerin mit ausgebreiteten Armen vor der Bergkulisse. Ein passendes Motiv, denn nach dem 3:0 (2:0) gegen Nigeria im Achtelfinale von Grenoble bieten sich plötzlich prächtige Perspektiven für ihre Fußballerinnen.
Anders als die Männer in Russland leisten sich die Frauen in Frankreich kein WM-Versagen, sondern setzen ein Statement, dass die oft beschworenen deutschen Tugenden gerade wieder en vogue sind. Eine vorzügliche Torhüterin hinter einer aufmerksamen Abwehr, starke Standards und enorme Willenskraft sind die Trümpfe dieser Mannschaft.
»Wir haben in jedem Spiel das Maximale rausgeholt, um das Spiel zu gewinnen. Diese Mannschaft hat einen unheimlichen Charakter, auch wenn wir noch nicht so glanzvoll Fußball spielen«, bilanzierte Voss-Tecklenburg vor der Weiterreise nach Rennes am Sonntagabend. Die 51-Jährige kündigte an, im Viertelfinale am kommenden Sonnabend wieder auf Dzsenifer Marozsan zu setzen. Der Trainerin kam in all den kursierenden Zwischenbilanzen die Bedeutung der mit einem Zehenbruch ausgefallenen Spielmacherin offenbar deutlich zu kurz: »Uns fehlt eine der besten Fußballerinnen der Welt. Es wird noch hinterfragt, warum wir dies oder das nicht richtig machen. Im Viertelfinale wird sie wieder auflaufen.« Marozsan selbst äußerte sich zwar etwas zurückhaltend (»Ich habe noch Schmerzen, ich bin froh, dass ich noch nicht spielen musste.«), aber der Notfallplan hatte schon einen Einsatz gegen Nigeria vorgesehen. »Wir hätten sie eingewechselt, wenn wir sie gebraucht hätten«, bestätigte Voss-Tecklenburg.
Die Bundestrainerin hat bisher vieles richtig gemacht: Die eher kurze Vorbereitung hat verhindert, dass sich auch nur der Anflug von Lagerkoller ausbreiten konnte, die Zusammensetzung des Kaders stimmt offenbar auch. Und die Führungsqualitäten der lebenserfahrenen Chefin helfen auch: Die Frohnatur vom Niederrhein dient als der zentrale Ruhepol der Mission, die deutschen Fußballerinnen zurück in die Weltspitze zu bringen.
So wächst der Optimismus auf dieser Tour de France mit jeder Etappe. Selbst die oft sehr kritische Almuth Schult schien nach dem sachlich gehaltenen Auftritt im Stade des Alpes gnädig gestimmt: »Wir haben uns von Spiel zu Spiel weiterentwickelt«, meinte die Torhüterin, die sich artig in der Mixed Zone hinsetzte, um Kapitänin Alexandra Popp ausreden zu lassen, ehe sie ihre Einschätzungen vortrug. »Ich würde sagen, die Offensive ist bei 80 Prozent, die Defensive bei 100 Prozent.« Dass immer noch bisweilen fehlerhafte Aufbauspiel aus der Innenverteidigung kann sie damit aber nicht gemeint haben.
Dass das im Umbruch befindliche Ensemble »fußballerisch was drauflegen kann« (Co-Trainerin Britta Carlson) ist unbestritten, aber solange Vorbild Popp vorne als Mittelstürmern wieder ein wichtiges Tor köpft, um dann im defensiven Mittelfeld zu schuften, sind solche Mängel zweitrangig. Die 28-jährige Anführerin vereinte mit fast unendlich vielen Extrakilometern in ihrem 100. Länderspiel die aktuellen Vorzüge einer Auswahl, die sich durch die Tore von Popp (20.), Sara Däbritz (27./Foulelfmeter) und Lea Schüller (82.) belohnte.
Dass zweimal die japanische Schiedsrichterin Yoshimi Yamashita den Videobeweis zugunsten des deutschen Teams auslegte, schmälerte die Freude nicht. »Wir haben auch nicht immer gewusst, wieso weshalb warum er bemüht wurde. Aber 3:0 gegen den Afrikameister: Was will man am Ende mehr? Ein perfekter Tag«, sagte Popp. Die Spielführerin war auch diejenige, die bei der Rückkehr ins Hotel ihre Mitstreiterinnen mit Ballermann-Hits beschallte. Die ausgelassene Stimmung schwappte sogar bis zur Bundeskanzlerin hinüber. Trainerin Voss-Tecklenburg nutzte die Wartezeit bis zur Pressekonferenz im Stade des Alpes, um auf eine SMS von Angela Merkel zu beantworten, »die sich sofort nach dem Spiel gemeldet hat, sie hat direkt gratuliert, sie freut sich mit dieser Mannschaft«. Als die Trainerin die Nachricht den Spielerinnen mitteilte, sei die Kanzlerin sogar »gefeiert« worden.
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