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Mehrheit fordert härteres Vorgehen im Kampf gegen Rechts
Nur Anhänger der AfD halten Maßnahmen für ausreichend / Grünen-Chefin Baerbock fordert Aufspaltung des Verfassungsschutzes
Berlin. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung fordert mehr Einsatz von Polizei und Sicherheitsbehörden gegen gewaltbereite Rechtsextreme. Das geht aus einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) hervor. Demnach verlangen 56 Prozent der Befragten ein härteres Vorgehen der Behörden gegen rechtsextremistische Gewalt. 30 Prozent der Deutschen sind demnach der Meinung, dass genug getan wird oder andere Bedrohungen wichtiger sind. Die restlichen 14 Prozent wollten keine Angaben machen.
Hintergrund der Umfrage ist der Mordfall des Kasseler Regierungschefs Walter Lübcke (CDU). Der dringend tatverdächtige Stephan E. war in früheren Jahren durch Kontakte in die rechtsextreme Szene aufgefallen.
Laut Umfrage sind besonders Anhänger der Grünen (72 Prozent) der Auffassung, dass Polizei und Sicherheitsbehörden mehr gegen Rechtsextremismus tun sollten. Dem stimmten fast alle Anhänger der im Bundestag vertretenen Parteien mehrheitlich zu. Lediglich bei
AfD-Anhängern unterstützt nur eine Minderheit (27 Prozent) die Forderung.
Grünen-Chefin Annalena Baerbock forderte vor dem Hintergrund wachsender rechtsextremistischer Bedrohung einen kompletten Umbau des Verfassungsschutzes gefordert. »Das Bundesamt für Verfassungsschutz muss aufgespalten und neu aufgebaut werden, und zwar in zwei Behörden«, sagte Baerbock der Düsseldorfer »Rheinischen Post«.
Die Aufklärung verfassungsfeindlicher Tendenzen mittels öffentlicher Quellen solle zukünftig in einem eigenständigen Institut zum Schutz der Verfassung erfolgen. »Die Aufklärung mit geheimdienstlichen Mitteln, da, wo man mit öffentlichen Quellen nicht weiterkommt, sollte in einem Amt für Gefahrenerkennung und Spionageabwehr erledigt werden«, sagte die Grünen-Chefin. Da diese Methoden rechtstaatlich äußerst sensibel seien, müsse ein solcher Geheimdienst sehr eng geführt und parlamentarisch streng kontrolliert werden. »Auch gehört ein solches Amt direkt im Innenministerium angesiedelt.«
Bezogen auf den Mord an Regierungspräsidenten Lübcke sagte Baerbock: »Offensichtlich gibt es ein gravierendes Problem bei der Erkennung, Beobachtung und Bekämpfung rechtsterroristischer Strukturen. Zum Teil hat man nicht nur nicht genau hingeschaut, sondern sogar weggeschaut.« Baerbock warf Innenminister Horst Seehofer (CSU) Tatenlosigkeit vor. »Bundesinnenminister Seehofer hatte versprochen, den Verfassungsschutz vom Kopf auf die Füße zu stellen. Nur ist nichts passiert.«
Aus den Fehlern, die beim NSU, aber auch beim Terroranschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt gemacht worden seien, müsse die Regierung endlich Konsequenzen ziehen. »Wir brauchen eine bessere Zusammenarbeit und besseren Informationsaustausch der Sicherheitsbehörden. Konkret: eine Task Force, die rechtsextreme Strukturen endlich erkennt und Informations- und Hilfsangebote für Betroffene schafft.« Agenturen/nd
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