Der Traum ist geplatzt

Die deutschen Beachvolleyballer Julius Thole und Clemens Wickler unterlagen bei der Heim-WM im Finalkrimi Russlands Duo mit 1:2

  • Peer Lasse Korfe, Hamburg
  • Lesedauer: 4 Min.

Das Duo vom Eimsbütteler TV hatte in diesem Finalkrimi den ersten Satz knapp mit 21:19 gewonnen, in den beiden folgenden Sätzen aber mit 17:21 und 11:15 das Nachsehen. Zwar platzte damit der Traum vom zweiten WM-Titel bei den Männern des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV), nachdem 2009 Julius Brink/Jonas Reckermann in Stavanger das erste WM-Gold gewonnen hatten. Aber die beiden Finalisten konnte sich bei ihrer WM-Premiere zu Recht über Silber freuen. Bronze ging an die Weltranglistenersten Anders Mol/Christian Sorum aus Norwegen. Es ist die erste Silbermedaille bei den Männern für den DVV, die zudem dreimal WM-Bronze erkämpft hatten. Die deutschen Frauen waren 2017 in Wien durch Laura Ludwig und Kira Walkenhorst, die 2016 in Rio auch Olympiasieger waren, zum WM-Titelgewinn gekommen.

Brachiale Blocks und unerschütterlicher Kampfgeist reichten nicht für Gold und der Krönung ihres Beachvolleyball-Märchens bei der Heim-WM - trotz der Unterstützung des frenetischen Publikums. Im Hexenkessel auf dem Center Court im Rothenbaumstadion lieferten sich beide Teams vor 13 000 Zuschauern ein hochklassiges Duell. Doch die Russen zeigten sich von der Kulisse vollkommen unbeeindruckt und behielten am Ende die Nerven.

Thole fand zu Beginn ebenso wie sein Partner die richtige Mischung zwischen harten Angriffen und taktischer Finesse. Wickler sorgte mit einem Ass für die Satzführung. Doch im zweiten Durchgang kam Stojanowskij besser in die Partie. Der 22-Jährige brachte die Deutschen mit seinen teils über 100 km/h schnellen Aufschlägen in Bedrängnis. Im Entscheidungssatz fehlte am Ende ein wenig die Kraft. Thole musste sich zwischenzeitlich wegen Nackenproblemen behandeln lassen. Dennoch verwandelten sie einen 4:7-Rückstand in eine 8:7-Führung. Doch beim 8:12 war die Vorentscheidung gefallen.

»Was ihr in den letzten zehn Tagen für uns und die anderen deutschen Teams veranstaltet habt, war der Wahnsinn«, sagte Wickler am Mikrofon zu den feiernden und jubelnden Fans. »Ohne euch wären wir nicht so weit gekommen.« Die beiden Deutschen waren zunächst sichtlich niedergeschlagen in ihre Box gegangen, ehe die Zuschauer sie mit lauten Sprechchöre wieder auf den Sandplatz riefen. Neben ihrer ersten Medaille bei einem Großereignis darf sich das Duo aber mit rund 40 000 Euro Preisgeld und 1440 Weltranglistenpunkten trösten.

Erst im Herbst 2017 hatte der DVV die Weichen für die gemeinsame Zukunft gestellt und die beiden zusammengebracht. Der Start war nicht einfach, denn bei den ersten Turnieren mussten die hochtalentierten Youngster viel Lehrgeld zahlen. Im Mai 2018 beendeten sie erstmals ein Turnier auf der World Tour unter den Top Ten. Der internationale Durchbruch gelang ihnen ausgerechnet im Hamburg. Beim World-Tour-Finale traten Thole/Wickler mit einer Wildcard an und stürmten bis ins Halbfinale. Am Ende belegten die beiden den vierten Platz. Seitdem geht es ständig aufwärts, auch in der Weltrangliste. Vor der WM lag das Team auf Rang 13, mit Platz zwei macht es nun einen Riesensprung nach vorn.

Nach holprigem Start in die WM-Gruppenphase verbesserten sich Deutschlands größte Olympiahoffnungen für Tokio 2020 von Spiel zu Spiel und wuchsen in den Duellen mit den Olympiasieger von 2016, Alison und Alvaro Filho (Brasilien), ebenso über sich hinaus wie im Viertelfinale gegen die olympischen Goldmedaillengewinner von Peking 2012, Phil Dalhausser und Nick Lucena (USA), die sie mit 2:0 (21:18, 21:17) sicher ausschalteten. Im Halbfinale lieferten Thole/Wickler beim 2:1 (17:21, 21:16, 15:12)-Sieg gegen die Weltranglistenersten Anders Mol/Christian Sorum (Norwegen) eine Weltklasseleistung ab.

Thole/Wickler werden am Hamburger Olympiastützpunkt von Bundestrainer Martin Olejnak und Erfolgscoach Jürgen Wagner betreut, der auch schon Julius Brink/Jonas Reckermann und Laura Ludwig/Kira Walkenhorst zu WM- und Olympiagold geführt hat. Die harte Arbeit zahlte sich aus, sie agierten reif und abgeklärt. Dabei halfen auch Rituale. So gehörte zum Programm vor einem Spiel eine Portion Spaghetti Bolognese, die sie sich teilen. Auch der Weg durch den Haupteingang zählte bislang dazu, doch vorm Viertelfinale überzeugte Thole seinen Partner aufgrund des Rummels am Rothenbaum, fortan doch lieber den Hintereingang zu nehmen. Im Finale ging dieser Trick nicht auf. SID/nd

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