Schiedsgericht: SPD darf Rassisten ausschließen

Der dritte Versuch der SPD-Spitze, sich von Sarrazin zu trennen, könnte Erfolg haben

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Der wegen seiner rassisitschen Thesen umstrittene frühere Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin darf aus der SPD ausgeschlossen werden. Das entschied das Parteigericht des SPD-Kreisverbandes Charlottenburg-Wilmersdorf, in dem der 74-Jährige Mitglied ist. Die dortige Schiedskommission habe der Partei mitgeteilt, dass dem Antrag stattgegeben werde, erklärte Generalsekretär Lars Klingbeil am Donnerstag. Zuvor hatten »Bild« und »Focus« berichtet.

»Der Antragsgegner hat erheblich gegen die Grundsätze der Partei verstoßen und ihr dadurch schweren Schaden zugefügt«, schlussfolgerte das Parteigericht. »Gegen ihn ist deshalb auf Ausschluss aus der SPD zu erkennen.«

Sarrazin beschreibe in Deutschland lebende Muslime als »weniger wertvoll« und »gefährlich«, heißt es in der Entscheidung, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Das sei »klar rassistisch«. Und weiter: »Die Verbreitung antimuslimischer und kulturrassistischer Äußerungen durch den Antragsgegner unter dem Mantel seiner allgemein bekannten und immer wieder in Presseberichten hervorgehobenen SPD-Mitgliedschaft stellt die Glaubwürdigkeit der Partei und ihres Einsatzes für ihre Werte und Grundauffassungen in Frage und muss von ihr nicht hingenommen werden.«

Mit der Entscheidung könnte der dritte Versuch der SPD-Spitze, sich von dem früheren Politiker und heutigen Autor Sarrazin zu trennen, Erfolg haben. In den Jahren 2010 und 2011 scheiterten zwei Anläufe. Allerdings muss die Entscheidung der Schiedskommission noch nicht das letzte Wort sein. Es gibt die Möglichkeit, Berufung einzulegen. Das Verfahren könnte also mehrere Instanzen durchlaufen.

Sarrazins Anwalt kündigte am Donnerstag an, sein Mandant werde Berufung einlegen und notfalls durch alle Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht gehen. Das könnte Jahre dauern - Sarrazin bleibt also vorerst SPD-Mitglied.

Dennoch sieht die SPD-Spitze, die 2009/10 und 2011 schon zweimal vergeblich den Ausschluss Sarrazins betrieb, einen Erfolg. »Ich begrüße diese Entscheidung ausdrücklich«, sagte Generalsekretär Lars Klingbeil. »Wir sehen uns in unserer klaren Haltung bestätigt:
Sarrazin hat mit seinen Äußerungen gegen die Grundsätze der Partei verstoßen und ihr Schaden zugefügt. Rassistische Gedanken haben in der SPD keinen Platz.« Die AfD lud Sarrazin ein, nun zu ihr zu kommen.

Sarrazin ist wegen migrationskritischer Äußerungen in seinen Büchern umstritten. Der 74-Jährige selbst weist den Vorwurf des Rassismus zurück: Mit seinen Thesen einer schleichenden Spaltung der Gesellschaft durch die starke Zunahme von Einwanderern muslimischen Glaubens beschreibe er lediglich Zustände.

Das Parteigericht in Berlin hatte vor rund zwei Wochen über den Antrag der Parteispitze verhandelt, aber zunächst noch keine Entscheidung gefällt. Diese liegt nun vor und wurde den Beteiligten schriftlich zugestellt.

Sarrazin war von 2002 bis 2009 Finanzsenator in der Hauptstadt. Von Frühjahr 2009 bis Herbst 2010 war er Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank. Der 74-Jährige hatte vor der Verhandlung über seinen Rausschmiss aus der SPD betont, dass er ein »sehr gutes Gefühl« habe. »Wenn man Recht hat, kann man immer auch ein gutes Gefühl haben.« dpa/nd

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