Alte Fehler neu bestraft

Weil in den besten Zeiten des deutschen Fechtens vieles verpasst wurde, blieben die Sportler auch bei der WM in Budapest wieder medaillenlos

  • Dominik Kortus, Budapest
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Nullnummer der deutschen Fechter bei den Weltmeisterschaften konnten Benjamin Kleibrink, Peter Joppich, Luis Klein und Andre Sanita zwar nicht verhindern - doch die Florettfechter dürfen immerhin weiter auf Olympia hoffen. Am Abschlusstag der Titelkämpfe in Budapest verlor das Quartett im Viertelfinale 24:45 gegen Europameister Frankreich und vergab damit die letzte Chance auf eine deutsche Medaille. Wie schon im vergangen Jahr beendete der Deutsche Fechter-Bund damit die WM ohne Edelmetall.

Mit Ausnahme der Säbelfechter um Max Hartung und des Florettteams der Männer gab es beim wichtigsten Qualifikationsturnier für die Olympischen Spiele in Tokio viel Ernüchterung. Die Erkenntnis: Die Weltspitze ist in vielen Waffen weiterhin noch ein ganzes Stück entfernt, den Fechtern droht erneut ein kleines Olympiateam. 2016 in Rio startete gar keine Mannschaft und nur vier deutsche Athleten in den Einzeln - erstmals seit 1980 gab es damals keine Medaille.

Für Olympia planen können allerdings die Säbelfechter. Platz vier im Team mit Hartung, Björn Hübner-Fehrer, Matyas Szabo und Benedikt Wagner bedeutete zwar ebenfalls keine Medaille, doch der Halbfinaleinzug war mit Blick auf Tokio genauso wichtig wie Edelmetall. »Vielleicht müssen wir uns das aufheben für nächstes Jahr. Da gibt es dann besondere Medaillen zu holen«, sagte Hartung.

Für ein halbwegs versöhnliches Ende in Budapest sorgten am letzten Tag die Florettfechter. Peking-Olympiasieger Kleibrink aus Düsseldorf, der viermalige Einzelweltmeister Joppich aus Koblenz, der Bonner Sanita und Klein aus Tauberbischofsheim erreichten nach dem Überraschungssilber bei den Heim-Europameisterschaften auch bei der WM das Ziel Top Acht. Die Hoffnung auf die Olympiateilnahme lebt auch durch das frühe WM-Aus des Konkurrenten Polens, der nur Platz 13 belegte.

Weitere Topplatzierungen blieben in Budapest aber fast durchgehend aus. Im Einzel stand Hartung als einziger unter den Top Acht, dazu kamen vier Achtelfinalteilnahmen durch die EM-Dritte Alexandra Ndolo mit dem Degen, Kleibrink sowie die Florettfechterinnen Leonie Ebert und Anne Sauer. Und auch in den Teamwettbewerben - aufgrund des komplizierten Qualifikationsmodus von enormer Bedeutung für Tokio - wurde es nur bedingt besser. Säbel- und Florettfechter erfüllten ihre Ziele, doch vor allem für die Degen- und Florettfechterinnen waren die Plätze zwölf und neun nur Enttäuschungen.

Das große Problem: In den »guten Zeiten« des deutschen Fechtens wurden (zu) viele Fehler gemacht. Diese zeigten sich nicht erst in diesem Jahr - und dürften auch so schnell nicht wettzumachen sein. Es fehlt unter anderem die konkurrenzfähige Breite, und die Anreize, diesen Sport aktiv zu betreiben oder Trainer zu werden, sind gering.

Viele Hoffnungen ruhen auf der erst 19-jährigen Ebert, die ehemalige Kadetten-Weltmeisterin hat ihr großes Talent bereits bewiesen. Vielleicht hilft aber auch ein Blick über den Tellerrand hinaus. Das »Fecht-Mutterland« Frankreich blieb bei Olympia 2012 in London wie Deutschland vier Jahre später ohne Medaille. Danach folgte ein radikaler Schritt: Ein erneuertes Trainerteam und eine neue Sportlergeneration mussten Verantwortung übernehmen. Dazu trainieren inzwischen Frauen und Männer in fast allen Waffen durchgängig zusammen in Paris. Das Ergebnis: In Rio gab es dreimal Edelmetall, in Budapest insgesamt schon fünf Medaillen. SID/nd

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