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Plötzlich Häuserkampf
Investoren wollen sanierungsbedürftiges Wohnhaus in Neukölln kaufen - und stoßen auf Widerstand
Wie ein Damoklesschwert schwebe der Verkauf über ihnen, erklärt Martina Priessner, während ihr Blick nachdenklich über die grau-braune Fassade des Altbaus schweift. Die Dokumentarfilmerin wohnt seit etwa zehn Jahren in dem Haus in der Biebricher Straße 14 in Nord-Neukölln. So richtig fassen kann sie das Ganze immer noch nicht: Am 12. Juli hatte der Bezirk sie und die anderen Bewohner*innen per Wurfsendung über den Verkauf ihres Wohnhauses informiert. Zwei Wochen ist das nun her. Seitdem ist nichts mehr, wie es war.
»Wir sind jetzt von morgens bis abends damit beschäftigt, einen anderen Käufer zu finden«, erklärt Priessner. Da das Haus im Milieuschutzgebiet liegt, prüft der Bezirk Neukölln derzeit sein Vorkaufsrecht. Bezirksstadtrat Jochen Biedermann (Grüne) hatte die 16 Mietparteien darüber aufgeklärt: Schnellstmöglich müsse eine landeseigene Gesellschaft oder Genossenschaft gefunden werden, die das Haus kauft. Bereits am 11. September läuft die Frist dafür aus. Den jetzigen Käufer - die Adama Properties GmbH - wolle man in jedem Fall abwenden. Dahinter stecken laut Handelsregister drei dänischen Firmen, eine Privatperson aus London und ein Berliner Architekt. Die Angst vor Umwandlung in Eigentumswohnungen ist groß.
Zahlreiche Genossenschaften seien bereits angeschrieben worden. »Es wird sich wohl niemand ein Bein ausreißen, um dieses Haus zu kaufen«, seufzt Priessner. Die ehemalige Vermieterin habe das Gebäude verfallen, dort schon seit Jahrzehnten nichts mehr reparieren oder instandsetzen lassen. Undichte Fenster, Schimmel und Mäuse - die Bewohner*innen haben in den vergangenen Jahren so einiges mitgemacht. »Die veralteten Nachtspeicheröfen haben die Stromkosten ins Unermessliche getrieben«, ergänzt Nachbarin Nora Bendig, die seit 15 Jahren in dem Haus wohnt, und ein echtes Neuköllner Urgestein ist. »Das Licht im Treppenhaus ging erst gar nicht, dann konnten wir es wochenlang lang nicht mehr ausschalten«, erzählt Priessner. Auch eine Klingelanlage hatte die ehemalige Vermieterin abgelehnt, wie Bewohner Mustafa Demir berichtet. »Sie war einfach völlig desinteressiert«, fasst Bendig das Ganze zusammen.
Insgesamt 20 Wohnungen und zwei Ladenlokale im Erdgeschoss gibt es. Vier der Wohnungen würden jedoch schon seit Jahren leerstehen. Wie hoch der Kaufpreis ist, konnten die Bewohner*innen bisher nicht in Erfahrung bringen. Dennoch wollten sie nun ordentlich für sich werben: »Am Freitag haben wir Transparente gemalt, am Samstag dann aufgehängt«, erzählt Priessner. Auch die Vernetzung mit anderen Häusern, Projekten und Initiativen sei bereits angelaufen, der Kampf um das Haus nun auf dem eigens dafür geschaffenen Twitter Account zu verfolgen. »Wir haben uns in den vergangenen zwei Wochen noch mal viel besser kennengelernt«, beschreibt Sebastian Rein, der seit knapp neun Jahren in dem Haus wohnt, die neu entstandene Gemeinschaft. »Wenn wir aufgrund von Sanierungen, Mieterhöhungen und Umwandlung in Eigentum verdrängt werden, hat keiner von uns die Chance in unserem Kiez etwas Neues zu finden«, meint Priessner. Auch mit der DieseEG wolle man deshalb in Kontakt treten. Unterschreibt der Investor jedoch eine sogenannte Abwendungsvereinbarung, verliert der Bezirk sein Vorkaufsrecht. Der Investor müsste sich dann zu bestimmten Maßnahmen verpflichtet, die eine Verdrängung von Mietenden und starke Mietsteigerungen verhindern sollen.
Für den 23. August haben die Bewohner*innen der Biebricher Straße 14 nun aber erst einmal ein Hoffest geplant, um die weitere Vernetzung voranzubringen.
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