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Echte Hassliebe

Der Supercup zwischen Dortmund und Bayern findet diesmal besondere Beachtung.

  • Maik Rosner
  • Lesedauer: 4 Min.

Schon am Dienstagabend drehten sich viele Fragen um den Supercup, nach dem bestärkenden 6:1 gegen Fenerbahce Istanbul. Es war jener Sieg, der den FC Bayern ins Finale des eigenen Vorbereitungsturniers gegen Tottenham Hotspur gebracht hatte, das sie tags darauf im Elfmeterschießen verloren. Doch nicht der Vergleich mit dem Finalisten der zurückliegenden Saison in der Champions League beschäftigte die Fußballer, sondern die Dienstreise zu Borussia Dortmund an diesem Sonnabend. »Den Supercup«, sagte Verteidiger Niklas Süle unumwunden auf die Frage, welche Trophäe er lieber gewinnen wolle. Ähnlich äußerten sich seine Kollegen.

Die erste Standortbestimmung zwischen Dortmund und den Münchnern wirft bereits seit Ende der Vorsaison ihre Schatten voraus - nachdem beim BVB der Meistertitel als Ziel ausgerufen und der Kader des Trainers Lucien Favre für rund 130 Millionen Euro mit Nico Schulz, Julian Brandt, Thorgan Hazard und dem Münchner Mats Hummels verstärkt wurde. Beim FC Bayern tun sie sich dagegen sehr schwer, die angekündigte Transferoffensive umzusetzen. Aktuell haben die Münchner nur 17 Feldspieler im Kader.

Dennoch hat der Rekordmeister bisher schon 118 Millionen Euro investiert: in Frankreichs Weltmeisterverteidiger Lucas Hernández und Benjamin Pavard sowie in das Offensivtalent Jann-Fiete Arp. Weitere Zugänge sollen folgen, vor allem Flügelspieler Leroy Sané von Manchester City. Nicht wenige halten es dennoch für möglich, dass die kommende Saison noch spannender verläuft als die vergangene, in der der BVB zwischenzeitlich neun Punkte Vorsprung auf die Münchner hatte, schließlich aber mit zwei Zählern Rückstand einlief. Nun, hoffen die Dortmunder, könnte die Alleinherrschaft der Bayern nach zuletzt sieben Meistertiteln in Serie durchbrochen werden. Letztmals wurde 2009 mit dem VfL Wolfsburg ein dritter Verein Meister, danach achtmal der FCB und zwei Mal, 2011 und 2012 der BVB.

Auch deshalb findet der eigentlich eher nachrangige Supercup diesmal ganz besondere Beachtung. In beiden Lagern heißt es, man wolle »ein Zeichen setzen«, der erste Vergleich sei »sehr wichtig«. Nicht nur mit Blick auf die Liga, sondern auch wegen der traditionellen Rivalität. Auf die letzte Dortmunder Hausse in der Ära des damaligen Trainers Jürgen Klopp gehen dabei die besonders heftigen Dispute zurück - vor allem um die Schlüsselspieler Mario Götze, Robert Lewandowski und Mats Hummels, die der FC Bayern dem BVB 2013, 2014 und 2016 entriss. Als die Münchner vorm Supercup 2014 auch noch über die Ausstiegsklausel von Dortmunds Marco Reus sprachen, eskalierte die Dauerfehde. »Es wäre schön, wenn Karl-Heinz Rummenigge einfach mal den Mund halten würde«, ließ Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc damals wissen. Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke giftete: »Karl-Heinz Rummenigge nimmt billigend in Kauf, dass das Verhältnis zwischen Dortmund und Bayern weiter beschädigt wird.«

Die gemeinsamen Essen der Führungskräfte vor den Spielen gegeneinander wurden zu jener Zeit storniert. Es war eine neue Qualität in der Rivalität erreicht, die durch Dortmunds Hochphase unter Trainer Ottmar Hitzfeld begonnen hatte, als der BVB 1995 und 1996 Meister wurde und 1997 die Champions League gewann. 2013 kamen die Westfalen erneut ins Finale dieses Wettbewerbs - und unterlagen dem FC Bayern im Wembleystadion mit 1:2. Im Jahr zuvor hatte der BVB den Münchnern durch ein 5:2 im Pokalfinale eine schmerzhafte Niederlage zugefügt, nach der diese beschlossen, Dortmund den Kampf auf dem Transfermarkt anzusagen. »Sie wollen uns zerstören«, befand Watzke im Januar 2014 über die Bayern-Strategie. Bei dieser gehe es darum, »uns dauerhaft als direkten Konkurrenten auszuschalten, indem sie sich an unseren Spielern bedienen. Damit wir nie wieder eine Gefahr für sie darstellen.«

Inzwischen können die Dortmunder wieder als solche wahrgenommen werden. Die Tonlage hat sich aber deutlich entschärft. Die Münchner sind gerade ohnehin genug mit sich selbst beschäftigt - mit dem Handlungsdruck bei Transfers, Rummenigges Rüffel für Kovac wegen des dringend gewollten Transfers von Sané und dem bevorstehenden Rückzug von Uli Hoeneß als Präsident und Aufsichtsratschef. Und mit ihrem aufgekratzten Betriebsklima. »Wir sind an Konkurrenz und Emotionalität interessiert. Es ist absolut korrekt, wenn Dortmund Ansprüche anmeldet«, sagte Vorstandschef Rummenigge jüngst über die Titelambitionen des BVB, natürlich nicht ohne Selbstgewissheit: »Die Meisterschaft wird nur über Bayern München gehen.« Watzke ließ verlauten, er würde es begrüßen, wenn die Bayern Sané verpflichten sollten. Kalkül und Eigensinn darf den mittlerweile moderaten Aussagen wohl weiterhin unterstellt werden. Die Bayern brauchen nationale Konkurrenz, um nicht wie die Bundesliga an Attraktivität zu verlieren. Und die Dortmunder haben nichts dagegen, wenn die Münchner ihr Festgeldkonto für Ablösen und Gehälter bei großen Transfers plündern.

»Echte Liebe« heißt übrigens der Slogan von Borussia Dortmund, und »Mia san mia« jener des FC Bayern München. Wenn man so will, verbindet die Rivalen das Motto »Mia san echte Hassliebe«. Nächste Episode: im Supercup an diesem Sonnabend.

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