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Die Fußballerinnen müssen für mehr Fernsehpräsenz in der Bundesliga von nun an auch freitags aufs Feld
Gewöhnlich ist die Gaststätte im Stadion am Brentanobad in Frankfurt-Rödelheim eine beliebte, weil heimelige Begegnungsstätte im deutschen Frauenfußball. Bei Heimspielen des 1. FFC Frankfurt als VIP-Areal und Pressekonferenzraum vollkommen ausreichend. Doch zur Eröffnung der 30. Saison der Frauen-Bundesliga gegen Turbine Potsdam am Freitagabend ist so viel Prominenz geladen, dass die Ehrengäste ein eigenes Zelt benötigen. Auch Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hat sich angekündigt.
Premiere gibt an jenem Abend auch der Sender Eurosport, der seine Freitagsspiele bei den Männern abgetreten hat, nun aber an jenem Tag dafür etwas früher Fußballerinnen zeigen wird. Die Kooperation über drei Jahre bringt den zwölf Bundesligisten keine zusätzlichen Einnahmen. Aber darum gehe es auch nicht, denn eine Erkenntnis der aus deutscher Sicht eher unbefriedigenden WM sei ja gewesen, erklärte die zuständige DFB-Direktorin Heike Ullrich, »dass wir die Wahrnehmung des Frauenfußballs erhöhen wollen«.
Insofern wertete es die langjährige Funktionärin als weiteren Erfolg, dass die ARD-Sportschau am Sonnabend ab 18 Uhr auch aus der Frauen-Bundesliga von einem Topspiel berichten will. Sonntags kommt noch der Streamingdienst der Telekom mit Liveübertragungen zum Zuge.
Damit ist ein Paket geschnürt, das mehr Reichweite und Aufmerksamkeit generieren soll. Selbst Frankfurts Manager Siegfried Dietrich sieht die Liga wieder »auf einem Weg nach vorne, nachdem es lange vor sich hingeplätschert ist«. Man wolle »aus der Senke herauskommen«, in die Nationalmannschaft und Bundesliga geraten seien.
Immerhin sieht der 62-Jährige die Liga trotz starker Konkurrenz aus England in ihrer Breite immer noch an der Spitze Europas. Es wäre fatal, wenn er etwas anderes sagt, denn er steigt bald zum stärksten Mann der höchsten weiblichen Spielklasse auf. Im September soll Dietrich beim DFB-Bundestag zum Vorsitzenden eines Ausschusses Frauen-Bundesliga gekürt werden. Allerdings weiß auch Dietrich nur allzu gut, dass schöne Worte allein nicht mehr helfen. Auf breiter Ebene sind mehr Taten gefragt, um den Bedeutungsverlust des Frauenfußballs in den kommenden Jahren zu bekämpfen. Ein großes Turnier als Zugpferd kommt schließlich so bald nicht ins Land.
Die neue TV-Präsenz sieht die derzeit verletzte Nationaltorhüterin Almuth Schult als »Schritt in die richtige Richtung«, auch wenn die Spieltage nun in drei Teile zersplittert werden. Die oft wachrüttelnde Wortführerin vom VfL Wolfsburg will verhindern, dass der Aderlass von guten Spielerinnen fortschreitet. Anstrengungen seien nötig und auch mehr Ernsthaftigkeit. Tim Schumacher, der für die Frauen zuständige Geschäftsführer des VfL Wolfsburg, warnte erst kürzlich: »Noch ist die Bundesliga in der Breite die beste Liga der Welt, aber andere Ligen, vor allem England, werden für die Spielerinnen aus finanziellen Gründen immer interessanter. Die Bundesliga muss professioneller werden.«
Das gilt jedoch auch für den Verband. Das neue Pilotprojekt mit Übertragungen aus der 2. Frauen-Bundesliga begann am vergangenen Wochenende auf der Plattform des Partners soccerwatch.tv mit einem Desaster. Vom Eröffnungsspiel 1. FC Saarbrücken gegen Werder Bremen war zeitweise nur die linke Platzhälfte zu sehen, aus anderen Stadien platzten die Übertragungen wegen technischer Probleme komplett. Das Start-up-Unternehmen schien überfordert. Dabei hieß es auf dessen Homepage: »Ab dem 10. August. Eine Liga! Alle Spiele live!« Ein entrüsteter User schrieb bei Twitter: »Der Frauenfußball wird doch willentlich sabotiert und klein gehalten. Unfassbar peinlich.«
Das galt gewiss für die erste PR-Kampagne des DFB zum Start der Bundesliga. In Anlehnung an eine Vermisstenanzeige war in sozialen Netzwerken ein Foto des Nationalteams in Schwarz-Weiß und der Hinweis veröffentlicht worden: »Seit dem 29. Juni nicht mehr gesehen. Bitte teilen.« An dem Datum war die deutsche Auswahl bei der WM ausgeschieden - aber auch die Schweizer Nationalspielerin Florijana Ismaili nach einem Badeunfall für vermisst erklärt und später tot aufgefunden worden. »Es lag uns natürlich fern, Gefühle zu verletzen«, sagte DFB-Direktorin Heike Ullrich kleinlaut: »Es tut uns sehr leid.« Wer intern diesen Rohrkrepierer zu verantworten hatte, wollte der DFB nicht mitteilen.
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