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Weil grenzt sich nach links ab
Niedersachsens Ministerpräsident sieht Bremer Koalition nicht als Modell
In Bremen hat die Arbeit der rot-grün-roten Landesregierung begonnen, und der SPD Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach fordert einen normalen Umgang mit der Linkspartei. Stephan Weil dagegen ist die LINKE offenbar nach wie vor irgendwie unheimlich. Niedersachsens Ministerpräsident mag sie nicht und will sie nicht. Auch wenn er das so nicht ausspricht: Seine Reaktion auf die Journalistenfrage, ob er das Bremer Modell auch in Niedersachsen für möglich halte, sagt genug. Es bestehe »kein Bedürfnis«, im zweitgrößten Bundesland über ein Bündnis mit der LINKEN nachzudenken, sagte der Regierungschef vergangenen Donnerstag in der Landespressekonferenz in Hannover. In Niedersachsen herrschten »deutlich andere Verhältnisse als in Bremen«.
Vorstellen könne er sich eine Zusammenarbeit mit einem LINKE-Politiker wie Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow. »Da müsste ich keine fünf Minuten drüber nachdenken«, so Weil. Es gebe aber nach wie vor Politiker in der Linkspartei, da müsste er »viele Stunden drüber nachgrübeln, wie das funktionieren soll«.
Weils Distanz zur Linkspartei, die 2008 zum erstmals ins Parlament von Hannover gelangt war und seitdem nicht wieder, ist nichts Neues. So erklärte er vor der Landtagswahl 2013 zur möglichen Koalition mit der LINKEN, er pflege sich »nicht mit Splitterparteien abzugeben«. Der Wiedereinzug dieser Partei in den Landtag sei derart unrealistisch, »dass man nicht wertvolle Sendezeit mit solchen Spekulationen verprassen sollte«, schulmeisterte Weil seinerzeit die Fernsehleute.
Vergangenen Mittwoch hatte der Ministerpräsident kundgetan, er werde Gesine Schwan und Ralf Stegner, beide eher dem linken SPD-Flügel zuzurechnen, definitiv nicht wählen. Die beiden hatten erst kurz zuvor, am selben Tag, bekanntgegeben, sich um den Parteivorsitz bewerben zu wollen.
Seine Ablehnung eines roten Partners unterstrich Weil erneut vor der Landtagswahl 2017 in einem Interview mit dem Weserkurier: »Mein Ziel ist, dass die Linke nicht in den Landtag kommt.« Im selben Gespräch hatte der SPD-Spitzenkandidat auch festgestellt: Eine Große Koalition aus SPD und CDU sei »ähnlich unwahrscheinlich wie eine rot-rot-grüne Regierungsstruktur«. Das Unwahrscheinliche aber wurde wahr, aus der Not geboren bekam das Land eine GroKo, denn die Ergebnisse von SPD (36,9 Prozent) und Grünen (8,7 Prozent) hätten nicht für die Fortsetzung des rot-grünen Bündnisses ausgereicht.
Viel näher als die Landtagswahl in Niedersachsen 2022 liegt der Bewerbungsschluss für eine Kandidatur um den Bundesvorsitz der SPD am 1. September. Gefragt, ob er antreten werde, drückte sich Weil erneut um eine klare Antwort. Und als ein Journalist wissen wollte, ob der Ministerpräsident eine Kandidatur seines Innenministers Boris Pistorius für möglich halte, klang die Antwort schon ein wenig schroff: Es gebe »keinen Anlass, darüber zu spekulieren«. Gut 24 Stunden später gab Pistorius bekannt, er werde sich gemeinsam mit der sächsischen Integrationsministerin Petra Köpping um den Vorsitz bewerben. Kaum anzunehmen, dass Pistorius darüber nicht vorher mit Weil gesprochen hat. Der Ministerpräsident begrüßte jedenfalls noch am selben Tag in einer Presseerklärung die Kandidatur als »ernstzunehmendes und auch aussichtsreiches Angebot für die Mitglieder der SPD«.
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