- Wirtschaft und Umwelt
- Konjunktur
Zahl der Kurzarbeiter binnen eines Jahres stark gestiegen
Bundesregierung rechnet bis 2025 mit Wegfall von 1,3 Millionen Arbeitsplätzen und 2,1 Millionen neuen Stellen
Berlin. Die Zahl der Beschäftigten in Kurzarbeit ist binnen eines Jahres stark gestiegen: Im Mai 2018 bezogen rund 12.000 Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld, im Mai 2019 waren es mehr als dreimal so viel, nämlich 41.000. Das geht aus einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Politikers Wolfgang Strengmann-Kuhn hervor. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher seiner Fraktion sagte der Nachrichtenagentur AFP dazu, der starke Anstieg sei ein Indikator für die sich abschwächende Konjunktur. Nun gelte es, durch eine kluge Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik die Weichen für die Zukunft zu stellen.
Wichtiger als die kurzfristigen konjunkturellen Probleme seien aber die mittelfristigen strukturellen Herausforderungen, sagte Strengmann-Kuhn: »Der notwendige ökologische Wandel und die Digitalisierung erfordern grundlegendere Reformen am Arbeitsmarkt.« Nötig seien Maßnahmen, die dafür sorgten, dass die Menschen besser für die Herausforderungen des Arbeitsmarktes der Zukunft gewappnet seien.
Um die ging es auch bei einer Anfrage der Linkspartei an die Bundesregierung. Das Ergebnis: Bis zum Jahr 2035 sollen in Deutschland im Vergleich zu heute rund 4 Millionen Arbeitsplätze wegfallen - 3,3 Millionen sollen dagegen unter anderem durch die Digitalisierung neu entstehen. Diese Einschätzung bekräftigte das Bundesarbeitsministerium in einer Antwort auf eine Anfrage der Linken im Bundestag. Das Ministerium wies dabei auf eine eigene Prognose von Anfang des Jahres hin, die demnach nach wie vor gültig ist. Darin wird unter anderem von einem Anwachsen des Gesundheits- und Sozialwesens wegen der zunehmenden Zahl älterer Menschen ausgegangen.
Bis 2025 sollen demnach 1,3 Millionen Arbeitsplätze wegfallen und 2,1 Millionen neue entstehen. »Beschäftigungsaufbau und Beschäftigungsabbau heben sich zahlenmäßig allerdings nicht kompensatorisch auf«, so die Regierung. Es handele sich um Arbeitsplätze mit unterschiedlichen beruflichen Qualifikationen. Entsprechend sei Weiterbildung ein zentraler Bestandteil der Fachkräftestrategie der Bundesregierung.
Die kürzlich von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vorgelegten Vorschläge für ein »Arbeit-von-morgen-Gesetz« griffen allerdings »viel zu kurz«, kritisierte Strengmann-Kuhn. Er forderte eine sogenannte Arbeitsversicherung und die Einführung eines Rechts auf Weiterbildung für alle, das mit einer angemessenen sozialen Absicherung verknüpft ist. Mit einer Arbeitsversicherung ist also gemeint, dass nicht nur Arbeitslose, sondern alle Beschäftigten von Angeboten profitieren.
»Die Menschen sollen sich motiviert fühlen, wenn sie sich auf die neuen Tätigkeiten und Jobs durch Qualifizierung vorbereiten«, erläuterte Strengmann-Kuhn. Existenzsorgen dürften die Menschen mit geringen beruflichen Qualifikationen und niedrigen Gehältern nicht länger davon abhalten, neue Chancen zu ergreifen.
Heil hatte Mitte August ein Konzept für das »Arbeit-von-morgen-Gesetz« vorgelegt. Bei einer Weiterbildung soll es demnach die Möglichkeit höherer Zuschüsse an Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowohl zum Entgelt als auch zu den Weiterbildungskosten geben. Der Minister will zudem längere Weiterbildungen unabhängig vom Alter und Beruf ermöglichen. Kurzarbeit soll wenn möglich mit Qualifizierung verbunden werden.
Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Sabine Zimmermann, die die Anfrage gestellt hatte, kritisierte das als unzureichend. »Sowohl Beschäftigte als auch Erwerbslose brauchen einen allgemeinen Rechtsanspruch auf regelmäßige Weiterbildung«, sagte Zimmermann. »Notwendig ist zudem eine bessere Absicherung für den Fall der Erwerbslosigkeit.«
In der Prognose, dem Fachkräftemonitoring, hatte das Ministerium darauf hingewiesen, dass die Ergebnisse stark von aktuell getroffenen Annahmen abhängen - etwa zur Wirkung technologischer Veränderungen. Agenturen/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.