Die Bildung kommt zu kurz

Schulen sind in Brandenburg wichtiges Wahlkampfthema.

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

Der Fernsehsender rbb hatte 90 Minuten für die Wahlarena mit den Spitzenkandidaten der Parteien reserviert. Doch am Ende blieb bei der Liveübertragung keine Zeit mehr für die Bildungspolitik. Schüler im Studiopublikum waren enttäuscht, die Zuschauer vermutlich auch. Denn Bildung steht in der Hitliste der wichtigsten Wahlkampfthemen auf Platz zwei. Seit 2014 hat das Land Brandenburg rund 5300 Lehrer eingestellt, doch Eltern und Schüler haben das Gefühl, dass es immer noch zu wenige sind. Weil bis 2028 viele Kollegen in den Ruhestand gehen, benötigt Brandenburg bis dahin im Schnitt jährlich 1000 neue Pädagogen. Erst dann werde sich die Situation entspannen, sagt LINKE-Spitzenkandidatin Kathrin Dannenberg.

Günther Fuchs, Landeschef der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, rechnet ähnlich. Er kann Abiturienten guten Gewissens empfehlen, ein Lehrerstudium zu beginnen. Niemand müsse sich ängstigen, dass wegen der Seiteneinsteiger bald nicht mehr genug Stellen vorhanden sein werden - zumal von den jährlich 550 Absolventen der Universität Potsdam erfahrungsgemäß nur 300 im Bundesland bleiben. Wenn es nicht gelingt, genügend Lehrer einzustellen, werde eine Diskussion über die Schließung kleiner Landschulen mit kleinen Klassen losbrechen, ist Günther Fuchs überzeugt.

Die letzten Umfragen zu den Wahlen in Brandenburg

Eigentlich will niemand Schulen schließen. In dieser Hinsicht lassen sich in den Wahlprogrammen keine Differenzen erkennen. Doch schon bei einem Rezept gegen Schulschließungen scheiden sich die Geister. Denn die Linkspartei möchte mehr Gemeinschaftsschulen, in denen alle zusammen von der 1. bis zur 10. Klasse lernen und in denen nach 13 Jahren das Abitur abgelegt werden kann. Wenn sich Jungen und Mädchen nicht nach der 6. Klasse auf Gymnasien und Oberschulen aufteilen, bestehen bessere Chancen, dass neben der Kirche auch die Schule im Dorf gelassen werden kann.

Dagegen bekennt sich die CDU zu Gymnasien auf der einen und Förderschulen auf der anderen Seite. Auch die AfD will am herkömmlichen Schulsystem der Bundesrepublik festhalten, das nach der Wende dem Osten übergestülpt wurde. Im Wahlprogramm der FDP steht unmissverständlich: »Maßnahmen zur Vereinheitlichung der Schulformen lehnen wir entschieden ab.« Die FDP will die noch vorhandenen Förderschulen erhalten und dort, wo es keine mehr gibt, spezielle Förderklassen einrichten. Übereinstimmend sind diese drei Parteien auch dafür, dass Zensuren auf den Zeugnissen stehen sollen.

So hat Brandenburg seit 1990 gewählt

»Wir wollen Spaß am Lernen statt Noten- und Leistungsdruck«, erklärt hingegen die LINKE. »Eine transparente Leistungsbewertung ist auch ohne Noten möglich.« Zum Beispiel durch eine Beurteilung. So wie die Linkspartei wollen die Grünen, »dass Kinder und Jugendliche möglichst lange gemeinsam lernen«. In ländlichen Regionen möchten die Grünen dazu ermutigen, Gymnasien und Oberschulen zusammenzulegen.

Die SPD hält sich wie gewohnt aus diesem heiklen Thema heraus. In ihrem Wahlprogramm findet sich wieder einmal der Satz: »Wir treten für Schulfrieden in unserem Land ein.« Und weiter: »Deshalb werden wir auf grundlegende Strukturveränderungen verzichten.« Aber es folgt immerhin das Versprechen: »Die Modellversuche zur Schaffung von Schulzentren werden wir weiter fortsetzen.« Schulzentrum, das ist in Brandenburg der offizielle Name für die Gemeinschaftsschule.

Bildungsminister Günter Baaske (SPD) hielt sich an die bisherige Linie und zeigte wenig Lust, das Modell Gemeinschaftsschule weit voranzubringen. Doch 2017 trat er aus persönlichen Gründen zurück. Seine Nachfolgerin Britta Ernst (SPD) - die Frau von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) - war zuvor schon einmal Bildungsministerin in Schleswig-Holstein und brachte von dort mit, was die SPD außerhalb von Brandenburg auszeichnet - durchaus linke Ansätze in der Bildungspolitik. Das schafft eine Basis für Rot-Rot-Grün. Bildung solle nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen, verlangt die LINKE. Natürlich sagt keine andere Partei offen das Gegenteil. Soziale Maßnahmen hat immerhin auch die CDU im Programm, so eine Grundausstattung für ABC-Schützen mit Ranzen, Fibel oder Federtasche.

Ein Alleinstellungsmerkmal der Linkspartei ist, dass sie die Bundeswehr aus den Schulen heraushalten will. Ihr Motto dazu: »Kein Werben fürs Sterben!«

Die Politiker müssen sich im Wahlkampf von Schulen fernhalten. Umgekehrt gilt das nicht. So demonstrierten Lehrer und Schüler von Privatschulen kürzlich vor dem Landtag. Sie beschwerten sich, dass die Lehrer an den staatlichen Schulen mehr Geld bekommen, die Zuschüsse für die freien Schulen jedoch nicht entsprechend angehoben werden. Für die Privatschulen entsteht dadurch im Wettbewerb um Pädagogen ein Nachteil. Bildungsministerin Ernst sprach zu der versammelten Menge und wurde ausgepfiffen.

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