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»SUVs sind die Spitze des Eisbergs eines kranken Verkehrssystems«
Tina Velo, Sprecherin von »Sand im Getriebe«, im Interview mit »nd« über die geplanten Proteste auf der Frankfurter Automesse
Am Sonntag den 15. September wollen Klimaaktivist*innen die Internationale Automesse in Frankfurt am Main blockieren und ihren Ablauf stören. Das Bündnis, das zu Protestaktionen des zivilen Ungehorsams mobilisiert, nennt sich »Sand im Getriebe«. Im Interview spricht »nd« mit der Sprecherin des Bündnisses, Tina Velo, über die Motivation des Protests, die Forderungen von »Sand im Getriebe« und wie sich die Aktivist*innen auf strafrechtliche Konsequenzen der Demonstrationen vorbereiten.
Seit wann engagieren Sie sich für Klimaschutz und wie sind Sie zu »Sand im Getriebe« gekommen?
Ich bin schon seit vielen Jahren in der Klimagerechtigkeitsbewegung aktiv und komme vor allem aus dem Kampf gegen die Braunkohle in Deutschland und aus der Post-Wachstums und Klimabewegung.
Wer steht hinter »Sand im Getriebe«?
Klimaaktivist*innen aus Klimagerechtigkeitsgruppen, verkehrspolitische Gruppen und auch Gruppen aus dem globalisierungskritischen Spektrum, die gesagt haben: Es ist jetzt Zeit, auch Protest gegen die Autoindustrie und das Versagen der Politik zu organisieren. Vor einem guten halben Jahr haben wir uns zusammengeschlossen und es uns explizit zum Ziel gesetzt, die IAA zu blockieren.
Gibt es einen Schwerpunkt in Frankfurt?
Nein, es ist ein überregionales Bündnis.
Auf Mobilisierungsaufklebern spricht sich das Bündnis vor allem gegen SUVs aus. Bekommen Sie jetzt mehr Unterstützung seit es den Unfall mit vier Toten in Berlin-Mitte gab, für den ein SUV-Fahrer verantwortlich war?
Also die »Fuck SUV« Aufkleber gehören tatsächlich zu den beliebtesten, aber das SUVs schwer tödliche Maschinen sind, ist auch vor dem tragischen Unfall am Wochenende bekannt gewesen. Es unterstreicht noch einmal, dass SUVs die Spitze des Eisbergs eines kranken Verkehrssystems sind. Aber wir haben seit dem Unfall keinen besonderen Zulauf, oder andere Presseanfragen, bekommen.
Geht es Euch vordergründig um SUVs oder allgemein um alle Autos?
Grundsätzlich sagen wir schon: SUVs könnte man von heute auf morgen verbieten. Aber wir fordern vor allem autofreie Städte. Wir sagen: Das ist technisch möglich, aber eben eine Frage des politischen Willens. SUVs sind besonders krasse Klimakiller, aber sicherlich nicht der einzige Grund unseres Protestes.
Ihr plant am Sonntag Aktionen des zivilen Ungehorsams auf der IAA in Frankfurt. Warum?
Wir sagen, dass die Aktionsform des zivilen Ungehorsams notwendig ist, weil wir es wirklich mit einem massiven Problem zu tun haben. Wir haben es mit einem sehr kranken Verkehrssystem zu tun. Wir haben es mit Spitzen aus Politik und Industrie zu tun, die sich weigern, eine Verkehrswende einzuleiten, die keine Lösungen haben, die die Klimakrise abwenden kann. Weil das Problem so groß und so drastisch ist, sagen wir, braucht es auch drastische Mittel des politischen Protestes. Wir finden es toll, dass es auch Demonstrationen gibt, und sagen, dass die Bewegung vielfältig sein muss, aber dazu gehört eben auch, besonderen Druck aufzubauen, über zivilen Ungehorsam.
Es sind auch schon Demonstrationen für den Samstag gegen die IAA angekündigt. Mehrere Nichtregierungsorganisationen rufen zu einer Fahrraddemo auf, die bei der IAA enden soll. Wie positionieren Sie sich zu diesen legalen Demonstrationen?
Wir sind solidarisch mit diesen Demonstrationen. Wir als »Sand im Getriebe« sind auch auf Nichtregierungsorganisationen zugegangen und hatten gemeinsame Demonstrationen vorgeschlagen. Einige NGOs, die auch zur Sternfahrt aufrufen, werden sich zudem in den nächsten Tagen mit unseren Protestaktionen solidarisch erklären.
Mit wie vielen Menschen rechnen Sie bei diesen Aktionen?
Das ist vorab schwer abzuschätzen, gerade weil wir so eine Aktion zum ersten Mal machen, aber wir werden wohl mehrere Hundert Leute sein und wir sind zuversichtlich, dass wir genug Menschen sind, um die Messe zu blockieren.
Was sagen Sie Menschen, die Blockade-Aktionen kritisieren und Ihnen vorwerfen, durch diese keine sachliche Debatte zu ermöglichen?
Ich würde sagen, dass wir der Grund sind, dass wir überhaupt in diesem Land jetzt beginnen, über eine Verkehrswende zu sprechen und dass wir überhaupt der Grund sind, dass die Autoindustrie Gegenwind bekommt. Ich glaube, das beste Beispiel dafür ist, dass die IAA, beziehungsweise der VDA, hier in Frankfurt, vor einer Woche eine Pressekonferenz veranstaltet hat und das einzige, worüber die Medien gesprochen haben, war unser Protest. Das heißt, unsere Proteste zeigen auch, dass es an der Zeit ist, für eine Verkehrswende. Dass es an der Zeit ist, dass sich die Gesellschaft vom Auto wegbewegen muss. Und diesen Diskurs haben wir angestoßen, mit unserem Protest.
Wie bereiten Sie sich auf strafrechtliche Folgen des Protests vor?
Natürlich sind wir, was die rechtlichen Folgen angeht, sehr gut vorbereitet. Zum einen trainieren wir mit Aktivistinnen und Aktivisten, bevor sie in die Aktionen gehen, damit sie auch wissen, worauf sie sich einlassen und wie weit sie gehen möchten. Zum anderen haben wir Unterstützung durch die Rote Hilfe, die uns im Nachhinein unterstützen wird. Keine und keiner wird alleine gelassen mit den Folgen eines solchen Protestes. Da stehen wir ganz klar solidarisch zusammen.
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