Umleitung für Nazigeburtstag

Essener Antifaschisten finden sich mit rechten Bürgerwehren nicht ab

  • Dennis Pesch
  • Lesedauer: 3 Min.

Unter dem Slogan »Der Pott bleibt unteilbar« folgten am Samstagnachmittag 2000 Menschen dem Ruf von »Essen stellt sich quer« zu einer Demonstration durch den Stadtteil Essen-Steele. Seit fast zwei Jahren marschieren hier die »Steeler Jungs« jeden Donnerstag - Neonazis, rechte Hooligans, Rocker und Kampfsportler, die gewaltsame Übergriffe gegen politische Gegner begehen.

Teile der bürgerlichen Initiative »Steele bleibt bunt« wurden bis zu ihrer Haustür verfolgt. »Wir sind Nachbarn«, sagt eine Sprecherin auf der Bühne bei der Auftaktkundgebung. Jeden Tag läuft man sich über den Weg, beim Bäcker, auf dem Weg nach Hause. Die Antifaschisten fühlen sich bedroht. »Die Situation ist ernst«, sagt die Sprecherin. Langfristig strebt »Essen stellt sich quer« eine Ausgrenzung der »Steeler Jungs« an. »Wir müssen aufklären, um die Wahrnehmung der Gruppe so zu verändern, dass sie hier schief angeschaut werden«, sagt Bündnissprecher Christian Baumann.

Ursprünglich wollte das Bündnis an der Westfalenstraße entlanglaufen, direkt vorbei am »300«, dem Treffpunkt der »Steeler Jungs«. Das Lokal gehört einem der führenden Köpfe der Gruppe: Christian »Bifi« Willing. Der Kampfsportler ist bei der Rockerbande Bandidos, gehört zur rechten Hooliganszene in Essen. Er betreibt das Lokal. Am Samstag wurde offenbar mit städtischer Genehmigung über Stunden ein »Geburtstag« auf der Westfalenstraße gefeiert. 200 alkoholisierte, rechte Hooligans und bekannte Personen der extremen Rechten waren da. Eine politische Versammlung war das aus Sicht der Polizei Essen nicht, weil es keine Parolen und Plakate gab. Erkennungszeichen der extremen Rechten gab es aber mehr als genug: Thor-Steinar-Kleidung und T-Shirts von neonazistischen Kameradschaften.

Der rechtsextreme Gladbacher Ratsherr Dominik Horst Roeseler, der eine Woche zuvor mit dem selben Personenkreis in Mönchengladbach demonstrierte, streamte live vom »Geburtstag«. »So eine Feier fällt schon mal größer aus ... Insofern ist das der erste Sieg der ›Steeler Jungs‹, weil, eigentlich wollten die mit ihrer Demo hier durchlaufen, aber das ist natürlich nicht möglich«, sagte er und lachte. Auch auf einer seiner Facebook-Seiten »Mönchengladbach steht auf« sprach er von einer »Aktion der ›Steeler Jungs‹«.

Das Oberverwaltungsgericht urteilte auf Grundlage des Gefahrenpotenzials; die Demo von »Essen stellt sich quer« durfte nicht am »300« vorbeiziehen. »Es ist politisch fatal, dass gesagt wird, vom ›300‹ geht so viel Gewalt aus, dass man dort als demokratische Gesellschaft nicht vorbeiziehen kann«, sagt Baumann. Er kritisiert die Rolle der Polizei: »Die Polizei kungelt mit den ›Steeler Jungs‹, sie tauchen auch mit ihnen auf Fotos auf.« Den Kuschelkurs bestätigt sehen die Demonstranten auch dadurch: Gegen linke Demonstranten gab es eine Anzeige wegen »Beleidigung«. Sie hatten einige der Steeler Jungs als das bezeichnet, was sie sind: als Nazis.

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