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Zornige Greta Thunberg: »Wie könnt ihr es wagen«
16 Aktivisten reichen Klage gegen Regierungen ein / 66 Länder haben sich bisher zu CO2-Neutralität bis 2050 verpflichtet
New York. In einer zornigen Rede beim UN-Klimagipfel hat die junge schwedische Aktivistin Greta Thunberg Regierungen rund um den Globus »Verrat« an ihrer Generation vorgeworfen. »Sie lassen uns im Stich«, rief die 16-Jährige am Montag den in New York versammelten Staats- und Regierungschefs zu. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete bei dem Treffen das Klimaschutzpaket ihrer Regierung indes als Beginn eines »tiefgreifenden Wandels« in Deutschland.
Thunberg sprach gleich zu Beginn des Gipfels, bei dem UN-Generalsekretär António Guterres die Weltgemeinschaft auf massiv verstärkte Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel einschwören wollte. »Menschen leiden. Menschen sterben, ganze Ökosysteme kollabieren. Wir befinden uns am Anfang eines Massen-Aussterbens, und alles, woran Ihr denken könnt, sind Geld und Märchen von ewigem Wachstum. Wie könnt Ihr es wagen!«, wandte sich die 16-Jährige erregt an die Versammlungsteilnehmer.
Parallel zum Gipfel reichten Thunberg und 15 weitere Jugendliche aus zwölf verschiedenen Ländern bei der UNO eine Menschenrechtsbeschwerde zum Klimawandel ein, die sich auch gegen Deutschland richtet. Die Beschwerdeführer werfen den Staaten vor, zu wenig gegen den Klimawandel zu tun und damit gegen die Kinderrechte zu verstoßen, wie das UN-Kinderhilfswerk Unicef mitteilte.
Weckruf der Jugend
Thunberg hat durch ihre freitäglichen Klimastreiks den Anstoß für neue weltweite Jugendbewegung für den Klimaschutz gegeben. Guterres und andere Gipfelteilnehmer würdigten das Engagement der jungen Klimaaktivisten. Der UN-Generalsekretär setzt darauf, dass die jungen Aktivisten den Regierungen Dampf machen, damit die im Pariser Abkommen von 2015 vereinbarten Ziele für die Kohlendioxid-Reduktion doch noch erreicht werden können. Diese hätten Recht, wenn sie »sofortiges Handeln« verlangten, sagte Guterres. Merkel sagte: »Wir alle haben den Weckruf der Jugend gehört.«
Die Kanzlerin hatte sich noch vor Beginn der Reden mit Thunberg zusammengesetzt. Über den Inhalt des Treffens wurde allerdings nichts bekannt. Regierungssprecher Steffen Seibert verbreitete lediglich ein Foto. Die deutsche Sektion der von Thunberg gegründeten Bewegung Fridays von Future hat das von der Bundesregierung am Freitag beschlossene Klimaschutzpaket als »desaströs« bezeichnet, da es nicht für »echten Klimaschutz« sorge.
Merkel ging in ihrer Rede auf die Kritik der jungen Aktivisten wie auch von Umweltorganisationen und Wissenschaftlern am deutschen Klimaprogramm nicht direkt ein. Sie bezeichnete es jedoch als Aufgabe von Regierungen, »alle Menschen mitzunehmen«. Es gebe jene Menschen, die demonstrierten und Druck ausübten. »Es gibt aber auch die Zweifler«, die von der Politik ebenfalls einzubinden seien.
Harsche Kritik an Merkel
Die Rede Merkels wurde von Umwelt- und Entwicklungsverbänden scharf kritisiert. »Angela Merkels Rede war so überflüssig wie das CO2 ihres Atlantikflugs«, erklärte beispielsweise der deutsche Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser. Auch der Deutsche Naturschutzring, Brot für die Welt, Oxfam und der BUND zeigten sich enttäuscht.
Die Präsidentin der evangelischen Hilfsorganisation »Brot für die Welt«, Cornelia Füllkrug-Weitzel erklärte: »Wer in Berlin versagt, kann auch in New York nicht glänzen.« Das deutsche Bekenntnis zum Paris-Abkommen sei nichts wert, wenn Deutschland selbst beim Klimaschutz enttäusche.
Deutschland hatte sich im Vorfeld des Gipfels offiziell bei der UNO zu dem Ziel verpflichtet, bis zum Jahr 2050 die CO2-Neutralität zu erreichen. Dieses Ziel besagt, dass ein Land nicht mehr Kohlendioxid ausstößt als es gleichzeitig abbaut oder speichert. Insgesamt verpflichteten sich nach UN-Angaben inzwischen 66 Länder zur CO2-Neutralität bis 2050.
Eine weltweite CO2-Neutralität bis zur Mitte des Jahrhunderts ist nach Einschätzung des Weltklimarats die Voraussetzung dafür, die Erderwärmung noch auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter begrenzen zu können. Dieses Ziel hatte sich die Weltgemeinschaft 2015 im Pariser Klimaabkommen gesetzt.
Viele Staatschefs fehlen beim Klimagipfel
Der Erfolg des Gipfels war allerdings von vornherein dadurch in Frage gestellt, dass viele Staats- und Regierungschefs gar nicht erst teilnahmen. Nur etwa 60 Staatenlenker waren anwesend - das ist weniger als die Hälfte der 136 Staats- und Regierungschefs, die sich für die am Dienstag beginnende Generaldebatte der UNO in New York angekündigt haben.
Überraschend erschien beim Klimagipfel US-Präsident Donald Trump - allerdings setzte er sich nur für einige Minuten ins Plenum. Trump hat den menschengemachten Klimawandel angezweifelt und den Austritt seines Landes aus dem Pariser Abkommen angekündigt. Im Internet sorgte danach ein Kurzvideo einer grimmig dreinschauenden Greta Thunberg für Furore. Das Video zeigt, wie Trump an der Umweltaktivistin vorbeiläuft. Komplett fern blieb etwa Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro, unter dessen Regierung die Vernichtung der Regenwälder im Amazonasgebiet Rekordausmaße erreicht hat. AFP/nd
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