- Politik
- Statistisches Bundesamt
Mieten in Deutschland steigen weiter
Belastungen sind vor allem für Neumieter in Metropolen hoch
Wiesbaden. Die Wohnsituation für Mieter in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren vor allem in den großen Städten deutlich verschärft. Wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte, zahlten 2018 diejenigen Haushalte, die ab 2015 neu in eine Mietwohnung einzogen, bundesweit höhere Mieten als Menschen mit älteren Mietverträgen. Besonders groß ist der Unterschied in den Metropolen.
Aus der Mikrozensus-Zusatzerhebung zur Wohnsituation ergibt sich demnach, dass private Haushalte im vergangenen Jahr im Schnitt 7,70 Euro Nettokaltmiete pro Quadratmeter für eine 2015 oder später angemietete Wohnung bezahlten. Dieser Wert liegt zwölf Prozent über der gesamten durchschnittlichen Nettokaltmiete in Deutschland, die bei 6,90 Euro pro Quadratmeter liegt.
Überdurchschnittlich hohe Nettokaltmieten für Neuanmietungen gibt es vor allem in Städten und Bundesländern mit großer Wirtschaftskraft. So liegen die Nettokaltmieten für Neuanmietungen ab 2015 in Bayern, Baden-Württemberg und Hamburg weit über dem jeweiligen Landesdurchschnitt. Am größten war der Unterschied jedoch in Berlin: Hier erreichte die Nettokaltmiete bei Neuanmietungen 9,10 Euro pro Quadratmeter - im Vergleich zum gesamten Mietendurchschnitt (7,40 Euro) war das fast ein Viertel mehr.
Hohe Mieten sind dem Bundesamt zufolge »vor allem ein Problem der Metropolen«. So lag die Nettokaltmiete je Quadratmeter für Neuanmietungen ab 2015 in den sieben größten Städten Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf bei 10,80 Euro und damit um gut 21 Prozent über dem allgemeinen Durchschnitt in diesen Städten (8,90 Euro).
Auswirkungen hat das auch auf die sogenannte Mietbelastungsquote, also den Anteil des Haushaltsnettoeinkommens, den Haushalte für die Bruttokaltmiete aufwenden müssen. Bundesweit lag diese Quote 2018 bei 27,2 Prozent, in Metropolen bei 29,5 Prozent. Bezogen auf Haushalte, die ihre Wohnung in den vergangenen vier Jahren neu anmieteten, erreicht die Quote bundesweit 28,6 Prozent, in Metropolen oder großen Städten nähert sie sich dem Wert von 30 Prozent oder liegt sogar darüber.
Der Sozialverband VdK kritisierte, gerade für armutsgefährdete Menschen sei damit »die Belastungsgrenze überschritten«. Nötig sei deshalb eine Mietpreisbremse, »die wirklich funktioniert«, forderte VdK-Präsidentin Verena Bentele. Auch die Zahl staatlich geförderter Wohnungen müsse deutlich erhöht werden.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband erklärte, der ungebremste Mietenanstieg treffe bestimmte Gruppen besonders hart: Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderung, die eine barrierefreie Wohnung suchten, Studierende, Alleinerziehende und kinderreiche Familien sowie Ausländerinnen und Ausländer.
Besonders alarmierend ist aus Sicht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands die große Diskrepanz bei den Mietbelastungsquoten. So müsse ein Haushalt mit einem monatlichen Nettoeinkommen von unter 900 Euro im Durchschnitt fast die Hälfte für die Miete aufwenden, während ein Haushalt mit über 6000 Euro nur 13 Prozent aufwende.
LINKEN-Chef Bernd Riexinger kritisierte, bei den Zuwächsen gerade für Neuvermietungen könne »niemand mehr behaupten, hier ginge es um die Finanzierung von notwendigen Sanierungen«. Wohnen dürfe nicht den Profitinteressen einiger weniger unterworfen werden.
SPD-Fraktionsvize Eva Högl erklärte, die Zahlen der Statistiker zeigten, dass »dringender Handlungsbedarf besteht, damit Wohnen auch in großen Städten bezahlbar bleibt«. Hierzu verwies sie auf das vergangene Woche beschlossene Positionspapier ihrer Fraktion, in dem sich die Sozialdemokraten unter anderem für einen Mietenstopp in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten aussprechen und das in der Unionsfraktion auf Kritik stieß.
Der wohnungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Chris Kühn, warnte, die »Mietenexplosion« in den Metropolen gefährde den sozialen Zusammenhalt. Nötig sei, die Mietpreisbremse »endlich von unsinnigen Ausnahmen« zu befreien. AFP/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.