Abgeschwächt: GroKo-Entwurf für Klimaschutzgesetz löst Empörung aus

In mehreren Punkten ist das Gesetz zum Klimapaket aufgeweicht worden / LINKE: »Klimapolitischer Skandal«

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Der Entwurf der Bundesregierung für das geplante Klimaschutzgesetz bringt Opposition und Umweltschützer auf die Barrikaden. Die Grünen sprachen am Montag von einer »Bankrotterklärung«, die Linkspartei von einem »klimapolitischen Skandal«. Ihr Vorwurf: Die Regierung schwäche in dem Entwurf entscheidende Maßnahmen zum Erreichen der Klimaziele ab. Das Bundesumweltministerium wehrte sich. Der »für die Klimapolitik entscheidende Kern« - nämlich die Sektorziele von 2020 bis 2030 - blieben »voll wirksam«.

Von einer »Abschwächung wesentlicher Punkte« könne »keine Rede sein«, erklärte das Bundesumweltministerium. Es veröffentlichte den 60-seitigen Referentenentwurf des Gesetzes im Internet; das Gesetz soll eine zentrale Rolle im geplanten Klimaschutzpaket der Koalition spielen. Es schreibt unter anderem die CO2-Einsparziele der einzelnen Sektoren und den Kontrollmechanismus zum Erreichen dieser Ziele fest.

Im Vergleich zu früher zirkulierenden Entwürfen gibt es tatsächlich Abschwächungen - etwa bei der ursprünglichen Festlegung, dass Deutschland bis 2050 »klimaneutral werden« wolle. In dem nun vorgelegten Referentenentwurf des Umweltministeriums ist nur noch die Rede von dem Ziel, »Treibhausgasneutralität bis 2050 als langfristiges Ziel zu verfolgen«.

Der Entwurf schreibt einen Mechanismus zur Überprüfung der CO2-Einsparziele in den einzelnen Sektoren vor. »Das Umweltbundesamt berichtet jährlich im März eines Jahres die Emissionsdaten des letzten Jahres«, heißt es darin. »Auf Grundlage der Emissionsdaten können die zuständigen Bundesministerien gegebenenfalls erforderliche, zusätzliche Maßnahmen veranlassen.«

Diese Sektoren sind im Einzelnen die Energiewirtschaft, die Industrie, der Verkehrsbereich, der Gebäudesektor, die Landwirtschaft, die Abfallwirtschaft und Sonstiges. Im Falle der Überschreitung der Jahresemissionsmenge eines Sektors bestehe eine »Initiativpflicht der Bundesregierung zum Beschluss eines Sofortprogramms von zusätzlichen Maßnahmen«, heißt es in dem Entwurf.

Begleitet werden soll dieser Prozess von einer unabhängigen Expertenkommission für Klimafragen. Das Sofortprogramm bei Überschreiten der Emissionsziele müsse drei Monate nach Bestätigung der Emissionsdaten durch die Kommission vorgelegt werden und »die Einhaltung der Jahresemissionsmengen des Sektors für die folgenden Jahre sicherstellen«.

Zunächst sei geplant gewesen, dass das Expertengremium ein jährliches Hauptgutachten erstellt, in dem die Wirksamkeit der geplanten Maßnahmen zum Klimaschutz überprüft werden, berichtete der »Spiegel«. Zudem hätte das Gremium Vorschläge machen sollen, wie die zuständigen Ministerien nachjustieren können, wenn CO2-Einsparungsziele in einzelnen Wirtschaftssektoren verfehlt zu werden drohen. Diese Punkte sind in dem Entwurf nun nicht mehr enthalten.

Opposition und Umweltverbände reagierten mit massiver Kritik auf den Regierungsentwurf. Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Britta Haßelmann sprach auf Twitter von einer »Bankrotterklärung, wenn das so kommt«.

Der LINKEN-Klimapolitiker Lorenz Gösta Beutin sagte AFP: »Der Entwurf ist ein klimapolitischer und anti-demokratischer Skandal. Die schwachen Klimaziele sind nicht weniger als der Bruch des Pariser Klimaabkommens per Gesetz.«

Kritik kam auch aus der Regierungspartei SPD: »Wird das Klimapaket durch die Union noch weiter abgeschwächt, ist es nur noch ein zahnloser Tiger«, kritisierte der Abgeordnete Karl Lauterbach, der sich derzeit für den Parteivorsitz bewirbt. »Die SPD sollte nicht auf der falschen Seite der Geschichte stehen.« Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bemängelte den Entwurf als »zahnlosen Tiger«.

Union und SPD hatten sich im September auf ein Klimapaket geeinigt. Dieses sieht unter anderem vor, dass der Ausstoß von CO2 im Verkehrs- und Wärmebereich ab 2021 zunächst nur mit zehn Euro pro Tonne bepreist werden soll. Der Preis soll dann schrittweise bis 2025 auf 35 Euro ansteigen. Auch daran hatte es Kritik gegeben. Schon jetzt sind CO2-Preise in anderen Ländern höher, in Schweden etwa werden laut Regierungsangaben pro Tonne dieses Jahr 114 Euro fällig. AFP/nd

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