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Das Ladesäulen-Dilemma
Beim Umstieg auf Elektromobilität gibt es in Berlin noch einiges zu tun
Vor dem McDonald’s in der Wrangelstraße 35 in Berlin-Kreuzberg steht eine Ladesäule für Elektroautos. Davor gibt es zwei für E-Fahrzeuge reservierte Parkplätze - sie sind leer. Das gleiche Bild bietet sich nicht weit entfernt an der Schlesischen Straße: eine Ladesäule, aber kein E-Auto.
Berlin treibt den Ausbau von Ladestationen seit einiger Zeit massiv voran. Darum stehen immer mehr Ladesäulen - oft recht unscheinbar in grau - an Straßenrändern oder Bürgersteigen. Laut Senatsverkehrsverwaltung gibt es derzeit 793 öffentlich zugängliche Punkte in der Stadt, an denen E-Autos ihre Batterien aufladen können. Die meisten von ihnen werden von der niederländischen Firma Allego betrieben. 1100 Ladepunkte sollen es bis Ende 2020 sein. Bisher konnten Einwohner sogar ihre Wünsche abgeben, wo eine Ladestation installiert werden soll. Aufgrund der Fülle an Anträgen existiert diese Möglichkeit derzeit allerdings nicht mehr.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat andere Zahlen als die Senatsverwaltung, da auch Ladepunkte von Privatpersonen gezählt werden. Derzeit liefern sich Berlin, Hamburg und München ein »Kopf-an-Kopf-Rennen« um die Zahl der Ladesäulen, teilt der BDEW mit. Demnach gibt es derzeit in Hamburg 948 öffentlich zugängliche Ladepunkte, in München sind es 945 und in Berlin 933. Andere Städte sind da weit abgeschlagen: So hat Stuttgart 398 Ladepunkte, Leipzig 189 und Dortmund nur 131.
Auf dem Land sieht es für E-Auto-Besitzer allerdings oft noch schlechter aus. Während es in Bayern immerhin knapp 5000 Ladesäulen gibt, sind es in Brandenburg nur 276 und in Mecklenburg-Vorpommern 188.
Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung, hat eine genaue Zahl im Kopf, wie viele Ladepunkte er deutschlandweit insgesamt für nötig hält: »Nach unseren Berechnungen sind 350 000 öffentliche Ladepunkte für die geplanten zehn Millionen E-Autos vollkommen ausreichend.« Derzeit existieren bundesweit 20 500 Ladepunkte und rund 110 000 Elektroautos. Um sie wirtschaftlich betreiben zu können, müssen die Ladesäulen jedoch auch ausgelastet sein, wie Kapferer anmerkt.
Damit die Ladesäulen nicht nur nutzlos herumstehen, müsste die Zahl der Kraftfahrzeuge mit Elektroantrieb deutlich ansteigen. Anfang 2019 waren in Berlin laut Bundesregierung 2713 Elektroautos zugelassen - immerhin Platz zwei nach München mit 3122 Elektrofahrzeugen. Bis Mitte des Jahres wurden laut Amt für Statistik Berlin-Brandenburg 1105 weitere Elektrofahrzeuge in Berlin zugelassen. Das sind doppelt so viele wie im Jahr zuvor.
Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) will nun Schwung in die Neuzulassung von Elektrofahrzeugen zu bringen und baut ein Programm der Investitionsbank Berlin-Brandenburg zur Förderung der »Umstellung gewerblicher Autoflotten auf Elektromobilität« auf. »Über 1000 Anträge sind bereits bewilligt und die Gelder für rund 450 Fahrzeuge schon ausgezahlt«, so Pop.
Allerdings könne es nicht darum gehen, jedes fossil angetriebene Auto durch ein elektrisch betriebenes Fahrzeug auszutauschen, sagt Pop: »Wir müssen den öffentlichen Raum fairer verteilen, mehr Platz auf Berlins Straßen und Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer schaffen, insbesondere für Fußgänger und Fahrradfahrer. Je weniger Autos sich auf der Straße bewegen, desto mehr Platz ist für jene, die wirklich auf das Auto angewiesen sind, wie beispielsweise Feuerwehr, Wirtschaftsverkehr und Taxis.«
Michael Müller-Görnert vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) sieht in E-Autos hingegen nach wie vor ein großes Potenzial. »Am besten schneiden E-Autos im städtischen Einsatz ab. Dort verbrauchen sie wenig Strom und sind mit kleinerer Batterie im Durchschnitt schon nach knapp 40 000 Kilometern Fahrleistung klimaschonender unterwegs als ein vergleichbarer Benziner.« Allerdings sei nicht jedes Elektroauto umweltfreundlich, gibt Müller-Görnert zu bedenken. »Große und schwere E-SUVs sowie die meisten Plug-in-Hybride sind dagegen kein Teil der Lösung, sondern eine Mogelpackung. Sie sind reine Energiefresser und haben aufgrund größerer Batterien eine miserable Umweltbilanz.«
Derzeit sind Elektroautos allerdings nicht günstiger zu betreiben als Fahrzeuge, die mit fossilen Kraftstoffen unterwegs sind. Verantwortlich dafür ist der hohe Strompreis, der an den öffentlichen Ladesäulen verlangt wird. Während eine Kilowattstunde Strom für den Hausanschluss nur rund 27 Cent kostet, berechnen die Ladesäulenbetreiber aktuell zwischen 39 und 59 Cent.
Vor allem Schnellladesäulen an Autobahnen sind sehr teuer. Ulf Schulte, Managing Director beim Ladesäulenbetreiber Allego, sieht darin jedoch kein Problem. »Das Benzin ist ja an einer Autobahntankstelle auch teurer als anderswo. Da werden wir beim Ladestrom hinkommen«, sagte er kürzlich dem »Handelsblatt«. Durch den Einbau einer sogenannten Wallbox in der eigenen Garage kann ein E-Mobil im Betrieb allerdings deutlich günstiger werden.
Was jetzt in den Fokus rücken muss, ist der Abbau rechtlicher Hürden für die Installation privater Ladeinfrastruktur, meint daher Stefan Kapferer vom BDEW. »Seit Jahren wird darüber diskutiert, das Miet- und Wohnungseigentumsrecht entsprechend anzupassen. Praktikable Vorschläge liegen schon längst auf dem Tisch. Das Bundesjustizministerium muss nun endlich die Bremse lösen und Tempo machen.«
Zwar werden die Wallboxen zum heimischen Laden eines Elektroautos immer günstiger, doch ist es für Mieter oder Eigentumswohnungsbesitzer oft nahezu unmöglich, diese zu installieren, da entweder der Vermieter oder die Eigentümergemeinschaft zustimmen müssen. Michael Müller-Görnert vom VCD fordert daher ebenfalls eine Änderung des Baurechts für das Laden in Tiefgaragen oder Mehrfamilienhäusern. Hier müsse politisch noch deutlich mehr passieren, so Müller-Görnert.
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