Bessere Lehrerausbildung, Sonderermittler, mehr Befugnisse?

Während Lehrervertreter besser Sensibilisierung gegen Antisemitismus fordern, wollen SPD- und CDU-Politiker mit Law and Order vorgehen

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Berlin. Nach dem Anschlag von Halle hat der Deutsche Lehrerverband eine bessere Ausbildung von Lehrern für den Umgang mit Antisemitismus gefordert. Dort gebe es bislang »Defizite«, sagte der Verbandsvorsitzende Heinz-Peter Meidinger der »Bild« am Montag. »Wir müssen dazu in der Ausbildung mehr machen.« Durch die Verkürzung der Ausbildungszeiten im Referendariat gebe es für solche spezielle Themen aber »oft keinen Platz«.

»In der Lehrerausbildung müssen verschiedene Antisemitismus-Szenarien, die in Schulen vorkommen können, in Rollenspielen durchgegangen und analysiert werden«, sagte Meidinger. »Schnelles Erfassen der Situation und richtiges Reagieren ist hier extrem wichtig. Nur so werden Lehrer auf den Schulalltag besser vorbereitet.« Der Schwerpunkt müsse bei Lehrern der Sozial- oder Politikfächer liegen, sagte Meidinger.

Ein schwerbewaffneter mutmaßlicher Rechtsextremist hatte am Mittwoch versucht, in die Synagoge in Halle einzudringen und die dort anwesenden Gläubigen zu attackieren. Nachdem das scheiterte, erschoss er zwei Menschen vor der Synagoge und in einem Döner-Imbiss. Am Wochenende gab es deutschlandweit Demonstrationen aus Solidarität mit den Opfern und aus Protest gegen Antisemitismus und Gewalt. In Berlin hatte die Initiative »Unteilbar« zusammen mit anderen Gruppen für Sonntag zu einem Protestzug aufgerufen, dem Tausende folgten.

Der Berliner SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh plädiert für Sondermittler auf Länderebene, um besser gegen rechte Gewalt und rechten Terror vorgehen zu können. »Ich glaube, dass wir uns im Kampf gegen Rechts besser organisieren müssen«, sagte der SPD-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus der Deutschen Presse-Agentur. »Deshalb schlage ich vor, dass es in allen Bundesländern Sonderermittler im Kampf gegen Rechts geben soll und dass die Auseinandersetzung mit rechtsextremen und rechtsradikalen Strukturen damit auch ein Gesicht bekommt.«

Der SPD-Politiker sagte: »Mein Eindruck ist, dass wir den Kampf gegen Rechts in den letzten Jahren verschlafen haben und dass auf unsere Gesellschaft ein großes Problem zurollt, wenn wir jetzt nicht klare Grenzen aufzeigen.« Es brauche eine Null-Toleranz-Politik gegen »die rechten Hassprediger, die rechten Gewalttäter, die rechten Terroristen«.

Rechtsextremismus-Problem ignoriert

Oftmals seien Rechtsradikalismus und Rechtsextremismus in der Vergangenheit nicht als konkrete Gefahr wahrgenommen worden, sagte Saleh. »Aber nach dem Anschlag in Halle, dem Mord in Kassel, den permanenten rechtsextremen Angriffen, sieht man, dass es eine Bedrohung für unser Land gibt. Und es ist klug, wenn man sich im Kampf gegen Rechts neu organisiert.«

Saleh regt an, Berlin solle mit der Schaffung einer Sonderermittlerstelle mit gutem Beispiel vorangehen. Die Sonderermittler sollten den Innenbehörden zugeordnet sein und im ständigen Austausch miteinander stehen. Es brauche schnelle Kommunikationswege im Kampf gegen Rechts, so Saleh.

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Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags (PKGr), Armin Schuster (CDU), hat nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle mehr Zugriffsrechte für die Sicherheitsbehörden im Netz gefordert. Bei strafrechtlich relevanten Inhalten würden Provider und IP-Adresse gebraucht, »um denjenigen auch ausfindig zu machen«, sagte Schuster am Montag im RBB-Inforadio.

»Wir werden nicht umhin kommen, eine ganz andere Funktion von Cyberpolizei beim Bundeskriminalamt oder Verfassungsschutz Gefahren erforschend zu etablieren«, sagte der CDU-Politiker. Er gehe davon aus, dass die Politik jetzt bei der »Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit« weiterkomme. Das Parlamentarische Kontrollgremium kommt am Montag zu einer Sondersitzung zusammen, um über den Anschlag in Halle zu beraten.

Besorgte und engagierte Migranten

Das Landesnetzwerk der Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt (Lamsa) hat nach dem Anschlag in Halle einen telefonischen Auskunfts- und Beratungsdienst für besorgte Migranten eingerichtet. »Die Hotline, in der wir in 70 Sprachen beraten, ist heute Morgen gestartet«, sagte Lamsa-Geschäftsführer Mamad Mohamad am Montag. Unter der Rufnummer +49 345 21 38 93 99 könne sich wenden, wer die Sorge habe, Opfer von rechtsextremen Taten zu werden. »Schon in den ersten beiden Stunden kamen Fragen auf wie «Wie kann ich hier wegziehen?» oder auch «Was ist dran an Gerüchten über die Herkunft des Täters?»«, sagte Mohamad.

Die Anrufer lebten derzeit zum Teil in Angst und Unsicherheit. »Andererseits ist ein großer Wille von Migranten, sich zu engagieren, in diesen Tagen spürbar«, so der Lamsa-Geschäftsführer. Die Hotline vermittele Informationen und Fakten, leiste psychosoziale Unterstützung, zeige aber auch Möglichkeiten auf, sich zu engagieren. »Wir lassen die Menschen mit ihren Sorgen nicht allein, ob mit oder ohne staatliche Unterstützung und Finanzierung.« Das Angebot wurde seinen Angaben zufolge von Fachleuten aus dem Netzwerk freiwillig organisiert und übernommen. Agenturen/nd

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