Gefängnis für Unabhängigkeitsbefürworter

Zivigesellschaftliche Organisationen in Katalonien blasen nach Urteilen zum »demokratischen Tsunami«

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 2 Min.

Die katalanische Unabhängigkeitsbewegung war auf die Urteile von Madrid vorbereitet: In ganz Katalonien gibt es Proteste, seit am Montagfrüh in Madrid das Urteil gegen neun wegen »Aufruhrs« und Veruntreuung öffentlicher Gelder angeklagte Katalanen verkündet wurde; angefangen von 13 Jahren für den früheren katalanischen Vize-Regionalpräsidenten Oriol Junqueras bis hin zu neun Jahren für die beiden Jordis, die führenden Köpfe der beiden Organisationen, die für die Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien seit Jahren die Massen mobilisieren. Jordi Sànchez leitete die Katalanische Nationalversammlung (ANC) und Jordi Cuixart steht an der Spitze der Kulturvereinigung Omnium Cultural, die seit Jahrzehnten die katalanische Sprache hochhält.

In Katalonien sind Straßen und Zugverbindungen vielfach unterbrochen. Tausende haben sich aus Barcelona zu Fuß auf dem Weg zum Flughafen gemacht, um ihn zu blockieren. Im Flughafengebäude ging die Polizei schon mit Gewalt vor. Die Organisation Tsunami Democratic (Demokratischen Tsunami) hat zum dauerhaften Protest aufgerufen. In fünf Marschsäulen werden die Menschen über 100 Kilometer zu Fuß nach Barcelona ziehen. Schüler und Studenten haben schon einen dreitägigen Streik ausgerufen und ein Generalstreik liegt in der Luft.

In Katalonien wurde stets von einer Verurteilung im »politischen Verfahren« gegen die Anführer der Unabhängigkeitsbewegung ausgegangen. Neun von zwölf Angeklagten wurden am Montag wegen »Aufruhr« verurteilt. Eine angebliche Rebellion wurde wie erwartet verworfen, denn von einem »bewaffneten Aufstand« fehlte jede Spur. Der Oberste Gerichtshof in Madrid sieht eine »öffentliche, tumultartig und gewaltsame Erhebung«, um die »Durchsetzung der Gesetze« zu verhindern. Zudem wurden einige Angeklagte wegen angeblicher Veruntreuung verurteilt.

Der katalanische Regierungschef Quim Torra bezeichnete den Vorwurf des Aufruhrs als »Beleidigung der Demokratie«, da nur friedlich ein Referendum durchgeführt wurde, dass Spanien mit Gewalt verhindern wollte. Das hatten schon deutsche Richter im Auslieferungsverfahren gegen Carles Puigdemont festgestellt. Da man Puigdemont nicht anklagen konnte, ist der Chef der Republikanischen Linken (ERC) zum Rädelsführer erklärt und mit 13 Jahren bedacht worden. »Das ist keine Justiz, das ist Rache«, sagte Junqueras. Wie er wurden auch andere ehemalige Regierungsmitglieder wegen angeblicher Veruntreuung verurteilt, für die im Prozess allerdings keine Beweise erbracht wurden.

Nach dem Urteil erließ das Oberste Gericht einen neuen europäischen Haftbefehl gegen Carles Puigdemont. Der damalige Regionalchef lebt in Belgien. Im Juli 2018 hatte das spanische Gericht einen internationalen Haftbefehl gegen ihn zurückgezogen, nachdem Deutschland abgelehnt hatte, Puigdemont auszuliefern.

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