Kohle, Windkraft und rote Linien

Parteien verhandeln über Infrastruktur und Wirtschaft - bei Energie geht es ans Eingemachte

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 4 Min.

Oberflächlich betrachtet herrscht in dem etwas abseits zwischen Luftschiffhafen und Templiner See gelegenen Potsdamer Kongresshotel Alltagsbetrieb. Lobby und Tagungsräume im Erdgeschoss hatte am Mittwoch die Bundeszentrale für politische Bildung mit einer internationalen Konferenz belegt. So gut wie nichts deutete darauf hin, dass im selben Haus in diesen Tagen die Grundlagen für den politischen Kurs ausgehandelt werden, den das Land Brandenburg in den kommenden fünf Jahren einschlagen könnte. Und am Mittwoch ging es bei den laufenden Koalitionsverhandlungen ans Eingemachte, standen doch schwergewichtige Themen wie Infrastruktur, Wirtschaft und Energie auf der Tagesordnung. Gerade in der Energiepolitik und vor allem beim Umgang mit der Braunkohle scheiden sich bislang die Geister, haben sich die Grünen im Wahlkampf weit aus dem Fenster gelehnt.

Bei den Zusammenkünften der Abordnungen von SPD, CDU und Grünen im Kongresshotel ist so etwas wie Routine eingekehrt. Vor dem Eingangsportal parken ein paar schwarze Dienstwagen aus dem Fuhrpark der Landesregierung. Wie in den Verhandlungstagen zuvor haben Sozial- und Christdemokraten am Vormittag ihre ersten Beratungen bereits hinter sich, wenn die Delegation der Grünen standesgemäß vom benachbarten Bahnhof Pirschheide kommend zu Fuß am Tagungsort eintrifft. Und auch wenn in den letzten Tagen wichtige Streitpunkte etwa in der Innen- oder Agrarpolitik vertagt werden mussten - seit die drei Parteien vor anderthalb Wochen in der großen Verhandlungsrunde mit der Debatte über die zuvor in sieben Arbeitsgruppen erarbeiteten Thesenpapiere begannen, stehen die Zeichen offenbar weiter auf Rot-Schwarz-Grün.

Nach der Verhandlungspause am Vortag stellten die Verhandlungsführer am Mittwochvormittag intensive und mutmaßlich auch langwierige Debatten zum vorletzten, von der Arbeitsgruppe Infrastruktur/Wirtschaft vorgelegten Papier in Aussicht.

»Wir werden heute ein großes Pensum abzuarbeiten haben«, sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke, zugleich SPD-Landeschef, vor Beginn der Runde. Das vorliegende Dokument umfasse 22 Seiten, ein Umfang, der gerechtfertigt sei, da es ja den Gegenstand zweier Ministerien und eine besonders große Themenvielfalt behandle. »Das sind Dinge, die für unser Land von sehr, sehr großer Relevanz sind und großes Interesse bei den Bürgerinnen und Bürgern haben«, sagte er. »Es geht da um die zukünftige Energieversorgung, es geht um den Ausbau erneuerbarer Energien. Es geht aber genauso um die Zukunft der Braunkohle in Brandenburg.«

Der Ministerpräsident resümierte, dass die Verhandlungspartner beim Großteil der Themen zwar hinsichtlich der Zielsetzung Übereinstimmung erzielt hätten, aber nicht immer einig über die Schritte zur Zielerreichung seien. »Aber ich bin optimistisch, dass wir die Dinge, die noch offen sind, heute auch gut miteinander geklärt kriegen«, so Woidke.

Michael Stübgen, der die märkische CDU derzeit kommissarisch führt, war sichtlich um gute Laune bemüht, scherzte über Entzugserscheinungen nach der eintägigen Verhandlungspause und stimmte in den Optimismus des Regierungschefs ein. »Ich glaube, wir haben eine gute Chance, weil: Wir haben eine gute Vorlage im Papier«, sagte er, wobei er offenbar darauf aus war, das Arbeitsgruppenpapier von allzu viel Detailreichtum zu befreien, der nicht in den Koalitionsvertrag gehöre. Stübgen räumte zwar Dissens in einigen Punkten ein, blieb dabei aber im Vagen.

Ganz anders Ursula Nonnemacher. Die Grünen-Fraktionschefin im Landtag steht auch angesichts der aktuellen Klimadebatte bei Wählern und Sympathisanten im Wort, den Kurs Brandenburgs in der Braunkohle-Politik zu ändern. Es war kein Zufall, dass vor Beginn der Verhandlungsrunde und dem Eintreffen der Grünen Wirtschaftsminister Jörg Steinbach und Infrastrukturministerin Katrin Schnei᠆der (beide SPD) den Tagungsort verließen. »Ich denke, das sind heute ganz entscheidende Verhandlungen, die wir führen«, sagte Nonnenmacher. »Es geht ja um zentrale, besonders auch für uns Grüne wichtige Themen: die Zukunft der Braunkohle, unsere zentrale Forderung ›Keine neuen Tagebaue‹ und den Ausbau der erneuerbaren Energien.« Das Verbot neuer Tagebaue sei für die Grünen eine Linie, die man nicht aufgeben wolle, sagte Nonnemacher auf Nachfrage. Im Moment sei aber auch sie optimistisch, dass man da durchkomme.

An diesem Donnerstag sind die Finanzen, das Papier der Arbeitsgruppe Öffentliche Verwaltung/E-Government, Thema der Koalitionsrunde. Am Sonntag wolle man dann weiter verhandeln, hieß es.

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